Istanbul. Im Korruptionsskandal in der Türkei ist die Polizei am Freitagabend mit großer Härte gegen regierungskritische Demonstranten im Zentrum von Istanbul vorgegangen. Die Sicherheitskräfte setzten schon vor dem geplanten Beginn der Demonstration Wasserwerfer, Tränengas und Plastikgeschosse ein. Demonstranten forderten den Rücktritt der Regierung.

Die Regierungspartei AKP leitete ein Parteiausschlussverfahren gegen drei kritische Abgeordnete ein. Dem bisherigen Kulturminister Ertugrul Günay sowie den Abgeordneten Erdal Kalkan und Haluk Özdalga werde vorgeworfen, Partei und Regierung mit ihren Bemerkungen geschadet zu haben, berichteten türkische Medien. Özdalga hatte im Korruptionsskandal an Präsident Abdullah Gül appelliert, sich in die Krise einzuschalten. Kalkan kam dem Ausschluss zuvor, indem er über Twitter seinen Austritt aus der AKP erklärte. Für Schlagzeilen sorgte in der Türkei am Freitag die Ablösung des Istanbuler Staatsanwalts Muammer Akkas von seinen Korruptionsermittlungen. Er war von dem Fall abgezogen worden, bei dem Medienberichten zufolge auch im Umfeld von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ermittelt wurde. Akkas hatte beklagt, auf ihn sei Druck ausgeübt worden. Die Polizei habe seine Anordnung ignoriert, Verdächtige festzunehmen. Die Regierung hat ranghohe Polizisten austauschen lassen, darunter Istanbuls Polizeichef. Ihr wird vorgeworfen, die Ermittlungen behindern zu wollen. Bei ihnen geht es auch darum, ob gegen Schmiergeld Baugenehmigungen erteilt und Handelssanktionen gegen den Iran unterlaufen wurden. Akkas untersuchte Manipulationen bei öffentlichen Ausschreibungen.

Die Korruptionsaffäre wird auch als Folge eines Zerwürfnisses Erdogans mit der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen gedeutet. Die Bewegung des 72-Jährigen, der seit 1999 im Exil in den USA lebt, hat enormen Einfluss in der Türkei. In der Wirtschaft sowie in Justiz und Polizei soll sie zahlreiche Anhänger haben.