Nach Polizeigewalt in Kiew lehnt Oppositionsführer Klitschko Gespräche mit der Staatsführung ab

Kiew. Im Konflikt zwischen der ukrainischen Regierung und der Opposition hat Präsident Viktor Janukowitsch Gesprächsbereitschaft angedeutet. Nach Treffen mit Vertretern der USA und der EU lud das Staatsoberhaupt am Mittwoch alle Parteien zu Verhandlungen ein, um einen Kompromiss zu finden. Die Opposition solle sich nicht widersetzen und den „Weg der Konfrontation und Ultimaten“ nicht weitergehen.

Oppositionspolitiker Vitali Klitschko lehnte allerdings jeden Dialog mit der Staatsführung strikt ab, nachdem mit Metallschilden, Helmen und Schlagstöcken ausgerüstete Bereitschaftspolizisten in der Nacht Straßen in der Nähe eines Protestlagers in Kiew geräumt, Zelte dem Erdboden gleichgemacht und sich heftige Auseinandersetzungen mit Regierungsgegnern geliefert hatte. Eigentlich seien Gespräche mit Janukowitsch geplant gewesen, sagte Klitschko. Dieser wolle aber nicht mit dem Volk sprechen und verstehe nur die Sprache der Gewalt.

Vereinbarungen mit „Halsabschneidern und Diktatoren kann es nicht geben. Man muss sie loswerden“, sagte der Boxweltmeister. „Mit dem, was in der vergangenen Nacht passiert ist, hat Janukowitsch den Weg zu jeder Art von Kompromissen versperrt.“

Klitschko sagte, dass am frühen Morgen mindestens 30 Demonstranten festgenommen worden seien. Bei mehreren Zusammenstößen habe es viele Verletzte gegeben. Nach Angaben des Innenministeriums wurden auch zehn Angehörige der Sicherheitskräfte verletzt. Was allerdings zunächst wie der Beginn der Zerschlagung der Proteste ausgesehen hatte, endete in den Morgenstunden. Die Polizei zog sich aus der unmittelbaren Nähe der Demonstranten zurück. Auch die Stellungen vor besetzten Regierungsgebäuden wurden aufgegeben.

Ministerpräsident Asarow fordert 20-Milliarden-Euro-Kredit von der EU

Innenminister Vitali Sachartschenko versicherte, der Unabhängigkeitsplatz solle nicht geräumt werden. „Ich möchte, dass jeder Ruhe bewahrt“, rief er die Demonstranten auf. „Niemand wird Ihr Recht auf friedliche Proteste verletzen.“

Der nächtliche Einsatz der Polizei löste auch in westlichen Ländern heftige Proteste aus. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sagte, sie beobachte mit Trauer, wie die Polizei Gewalt gegen friedliche Menschen einsetze. US-Außenminister John Kerry zeigte sich „angewidert“. Die Reaktion der Sicherheitskräfte sei „weder akzeptabel, noch ziemt sie sich für eine Demokratie“, sagte er. Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte die Führung in Kiew davor, die Proteste gewaltsam niederzuschlagen: „In einer Demokratie lassen sich friedliche Demonstrationen der Menschen nicht einfach verbieten und mit Staatsgewalt unterbinden.“

Staatsführung und Opposition in der Ukraine streiten sich seit Wochen darüber, ob sich das Land enger an die EU oder Russland binden sollte. Nachdem Janukowitsch im November überraschend eine über Jahre ausgehandelte stärkere Anbindung seines Landes an die EU abgelehnt hatte, bot Ministerpräsident Nikolai Asarow am Mittwoch an, gegen einen Kredit von 20 Milliarden Euro die Verträge doch noch zu unterzeichnen. Mit dem Geld könne der Einnahmeausfall durch den dann nicht mehr erreichbaren russischen Markt ausgeglichen werden.

Die Bundesregierung wies dies zurück. „Mit dieser Forderung scheint die ukrainische Führung von ihrer alleinigen Verantwortung für die aktuelle und politische Lage ablenken zu wollen“, erklärte Regierungssprecher Georg Streiter. Auch die EU reagierte schroff. „Wir halten das Gedeihen und die Zukunft der Ukraine nicht für eine Auktion, wo der Meistbietende den Zuschlag erhält“, sagte EU-Kommissionssprecher Olivier Bailly in Brüssel.