Kairo/Berlin. Der in seinem Herkunftsland Ägypten umstrittene deutsche Publizist Hamed Abdel-Samad ist in Kairo verschollen. Die ägyptische Polizei geht von einer Entführung aus. Ein Beamter sagte, es sei nicht auszuschließen, dass radikale Extremisten für das Verschwinden des Publizisten verantwortlich seien. Das ägyptische Nachrichtenportal „youm7“ meldete unter Berufung auf seinen Bruder Mahmud Abdel-Samad, der Autor sei bereits am Sonntag in der Nähe des Al-Azhar-Parks in Kairo verschwunden. Vorher soll Hamed Abdel-Samad seinem Bruder am Telefon berichtet haben, er fühle sich verfolgt. Mahmud Abdel-Samad sagte, sein Bruder sei in Ägypten zuletzt von einem Leibwächter begleitet worden. Er habe in dem Park jedoch eine Verabredung gehabt, zu der er aber allein gegangen sei. Mit wem er verabredet war, konnte er nicht sagen.

Abdel-Samad hatte bei einer Veranstaltung im Juni in Kairo über „religiösen Faschismus“ gesprochen. Daraufhin erklärten ihn zwei ägyptische Salafisten-Prediger für „vogelfrei“. Anschließend erhielt er Morddrohungen. Der Autor hatte in seinen Veröffentlichungen schon zuvor die Ideologie des politischen Islams kritisiert und für eine moderne Interpretation der Religion geworben. Die Bundesregierung forderte von Ägypten „schnellstmöglich“ Aufklärung über das Schicksal des Publizisten. Der deutsche Botschafter in Kairo, Michael Bock, nahm dazu nach Angaben des Auswärtigen Amts Kontakt mit der ägyptischen Regierung auf.