Es geht um Meuterei. Ein Generalstreik lähmt das verarmte Land

Dhaka. Vor vier Jahren starben 74 Menschen bei einer Meuterei der Grenztruppen in Bangladesch, nun sollen 152 Angeklagte dafür mit ihrem Leben bezahlen. Bei einem Massenprozess verhängte ein Gericht in Dhaka am Dienstag Todesstrafen gegen die mutmaßlichen Drahtzieher. Weitere 157 Personen, die meisten Grenzsoldaten, erhielten lebenslange Haftstrafen. Darüber hinaus wurde mehr als 200 mal bis zu zehn Jahre Haft verhängt. 846 Personen standen vor Gericht, 271 wurden freigesprochen. Der heftig von Menschenrechtsorganisationen kritisierte Prozess fand unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt.

Die paramilitärische Grenztruppen hatten 2009 zwei Monate nach der Machtübernahme von Ministerpräsidentin Sheikh Hasina gemeutert. Anlass war unter anderem ein Streit über die Bezahlung. Damals kam es auch zu Unstimmigkeiten zwischen Regierung und Militär: Das Militär wollte das Hauptquartier der Grenztruppen angreifen, die Regierung hielt sie davon ab. Hasina schlug zunächst Straffreiheit vor, um eine Revolte zu unterdrücken. Dieses Angebot zog sie aber zurück, nachdem Dutzende Leichen in Abwasserkanälen und in Massengräbern entdeckt wurden. Unter den 74 Toten waren 57 hochrangige Militärs.

Das Militär startete danach zahlreiche Umsturzversuche. Hasina versprach, die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen. Das Ministerium für Kriminalitätsaufklärung untersuchte den Fall und klagte 850 Menschen unter anderem wegen Mordes und Brandstiftung an. Vier der Angeklagten starben vor Prozessbeginn. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte die Behörden letzte Woche für den Massenprozess kritisiert. Sie sollten eine glaubwürdigere Untersuchung einleiten und die Anklage von Neuem aufarbeiten.

Darüber hinaus seien die Fairness-Standards für Gerichtsverhandlungen verletzt worden. Die Angeklagten seien in der Haft gefoltert worden, um aus ihnen Geständnisse zu pressen. Mindestens 47 Verdächtige seien in der Haft gestorben. Der Direktor für Human Rights Watch in Asien, Brad Adams, sagte: „Hunderte Menschen in einem gigantischen Saal vor Gericht zu stellen, in dem sie keine Verbindung zu Anwälten haben, widerspricht internationalen Rechtsstandards.“ Die Behörden wiesen alle Vorwürfe zurück.

In Bangladesch herrscht seit Montag ein 60-stündiger Generalstreik. Auch der zweite Tag war von Ausschreitungen überschattet. Im Bezirk Rajshahi wurden mindestens 25 Menschen bei Zusammenstößen mit der Polizei verletzt. Am Montag waren zwei Menschen ums Leben gekommen, zahlreiche weitere verletzt worden.

Die Opposition will mit dem Streik die Regierung zum Rücktritt zwingen. Damit soll der Weg für eine neutrale Interimsregierung frei gemacht werden, die die für Januar angesetzten Wahlen überwachen soll.