Brüssel. Die Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei kommen nach drei Jahren wieder in Schwung: Am Dienstag wollen die Europaminister der 28 Mitgliedsländer die Eröffnung eines weiteren Verhandlungskapitels beschließen. Es soll um Regionalpolitik gehen. Bereits im Sommer hatten die EU-Staaten entsprechende Gespräche zugesagt, den formellen Schritt angesichts der Polizeigewalt gegen regierungskritische Demonstranten in der Türkei aber verschoben.

Das Thema Türkei soll auch am Rande eines Treffens zwischen Kanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Montag in Berlin eine Rolle spielen. Im Mittelpunkt der Gespräche steht jedoch die Vorbereitung des EU-Gipfels Mitte dieser Woche in Brüssel. Dort soll insbesondere über das Flüchtlingsproblem, Datenschutz und die soziale Ausrichtung der EU gesprochen werden.

Bei den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei drückt vor allem die EU-Kommission aufs Tempo. In der vergangenen Woche hatte EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle bereits weitere Verhandlungen gefordert. Nur so bestehe die Chance, die Bürgerrechte in der Türkei zu stärken. In Teilen der Unionsparteien wird das anders gesehen.

„Wo Blut geflossen ist, darf die EU-Kommission nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, sagte der Chef der deutschen Unionsabgeordneten im Europaparlament, Herbert Reul (CDU). Eine Eröffnung weiterer Verhandlungskapitel würde von der türkischen Regierung „als Belohnung für die brutale Niederschlagung der friedlichen Bürgerproteste“ angesehen. Trotz der Kritik aus den eigenen Reihen will Berlin die Eröffnung weiterer Verhandlungskapitel unterstützen, die sich mit Grundrechten und Justizfragen befassen. Nach Auffassung der EU-Kommission ist dies das „beste Instrument“, Ankara zur Einhaltung von Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu bewegen. Das sieht die Bundesregierung offenbar genauso.