In Nordkorea sind verlässliche Informationen immer noch schwer zu bekommen

Berlin. Nordkorea gehört zu den wenigen Ländern, die in der westlichen Welt nur dann journalistisch beachtet werden, wenn die kommunistische Regierung in Pjöngjang wieder mal eines der üblichen Spiele an der Grenze zum Süden spielt oder erneut einen Atomtest zündet. Das hat sich seit Jahrzehnten nicht geändert. Das Hamburger Abendblatt ging im Juli 1994 in dieses merkwürdige Land, um es direkt beurteilen zu können.

Aber Egbert Nießler und ich reisten vor 19 Jahren nicht als Redakteure, sondern als Angestellte der Hamburger Universität in die Hauptstadt des Regimes. Journalisten war wegen einer der üblichen Kraftmeiereien Pjöngjangs mit den USA wieder einmal verboten. Wir wurden damals in der nordkoreanischen Hauptstadt von zwei Führern begrüßt, die uns zehn Tage lang begleiten sollten. Ihr Programm aber war, uns wie die anderen Touristen zu behandeln, also nur die üblich gewählten Gebäude und Plätze zu zeigen. Vor allem jene, die für ihre Führer Kim Il-sung und Kim Jong-il gebaut waren. Mit meinen Bitten, dass ich meinen Studenten mehr zeigen und berichten wollte als von historischen Plätzen und Museen, sondern auch Gespräche führen möchte mit Bauern, Lehrern, Vertretern der Wirtschaft oder Ärzten, stießen wir zunächst auf Widerstand.

Als es uns dann doch gelang, diesen Wunsch erfüllt zu bekommen, haben wir eine Art Sensation erzielt. Denn bis heute, also fast 20 Jahre später, gelang es nur wenigen deutschen Journalisten, dass die Kommunisten derartige Wünsche erfüllten. Und nicht allen gelang es, was wir erreichten: Mit einem Kommandeur an die Grenze zum Süden zu gehen, an den 38. Breitengrad, wo sich Nord- und Südkoreaner auch heute noch gegenüberstehen. Es war ein Major, der uns begleitete. Anders als die meisten anderen Menschen gab er sich freundlich und fast ein wenig spitzbübisch. Als wir das letzte Bollwerk des Kalten Krieges betraten, sagte er: „Gehen Sie ruhig um den Tisch herum, dann sind Sie in Südkorea.“ Tatsächlich kann man die Demarkationslinie des seit 1953 getrennten Landes in der Baracke überschreiten, in der über den Waffenstillstand verhandelt wurde. Aber nur dort!

Wieder draußen, auf den Stufen des nordkoreanischen Pavillons, fordert uns der Major auf, Besuchern auf der südkoreanischen Seite zuzuwinken. Uns sagt er, dass die andere Seite das nicht dürfe, und lacht dabei. „Die Amerikaner führen dort das Kommando. Ihre südkoreanischen Marionetten haben da nichts zu sagen.“

Noch einmal wird uns klar, wie die Nordkoreaner ihren Besuchern versuchen, ihnen die Überlegenheit und Vorzüge ihres Staates zu verkaufen. Wir können nachvollziehen, dass der einzelne offizielle Vertreter seines Lands aus Gründen der Selbstachtung und Gesichtswahrung sein System verteidigen muss. Doch eines ist klar: Nordkorea ist immer noch das Land der Familie Kim. Isolation, Überwachung, permanente Indoktrination sind bis heute die Kriterien eines Staatensystems, das sich als eine Keimzelle einer neuen Gesellschaftsordnung verstanden wissen will.

Niemand vermag zu sagen, ob der bizarre Kult der Kim-Dynastie tatsächlich von der Bevölkerung aus vollem Herzen getragen wird. Das erfuhren wir damals auch nicht. Ob die Bauern das taten oder die Ökonomen, die wir sprachen, die Kinder oder die Studenten – sie alle machten uns klar, wie sehr sie ihr Land lieben. Diese Haltung hat sich auch 20 Jahre später nicht geändert, wie uns die heutigen Berichte deutlich machen. So bleibt die Aussage von Hyon-hui, die Attentäterin, die 1987 eine südkoreanische Passagiermaschine in die Luft sprengte. Die sagte nach ihrer Festnahme im Gefängnis: „Wenn die Nordkoreaner eines Tages begreifen, wofür sie da täglich gedankt haben, wird es ein Blutbad ohne Ende geben.“