Parlament will scharfe Gesetze der Berlusconi-Regierung rückgängig machen

Mailand. Der Justizausschuss des italienischen Senats hat sich mit den Stimmen der Sozialdemokraten, der ökolinken Partei Sinistra Ecologia Libertà (SEL) und der Protestbewegung Fünf Sterne darauf geeinigt, die Straftat „illegale Einwanderung“ abzuschaffen. Sie war unter der Regierung Silvio Berlusconis zusammen mit der rechtskonservativen Lega Nord eingeführt worden. „Die Bestrafung erscheint unverhältnismäßig und ungerecht“, sagte Staatssekretär Cosimo Maria Ferri. Darüber hinaus beschloss die Regierung von Ministerpräsident Enrico Letta, Aufenthaltsbewilligungen großzügiger als bisher zu erteilen. Anerkannte Flüchtlinge dürfen bisher bis zu fünf Jahre bleiben. Damit die Regelungen in Kraft treten können, muss das Parlament noch zustimmen.

Seit der Tragödie vor Lampedusa am 3. Oktober, als ein Boot mit 500 afrikanischen Flüchtlingen an Bord kenterte und Hunderte in den Tod riss, steht Italien im Fokus der Weltöffentlichkeit. Wegen seiner geografischen Lage ist das Land für Flüchtlinge aus Afrika eines der Haupttore zur EU. Allein in den ersten acht Monaten 2013 brachen mehr als 21.200 Menschen über das Mittelmeer in Richtung italienische Küste auf. Für viele endete die Reise tödlich. Laut der Organisation A buon diritto, die sich für die Rechte des Einzelnen einsetzt, kamen zwischen 1988 und 2013 vor den Küsten Italiens 19.000 Menschen ums Leben.

Zwar ist Italien bei der Gewährung von Asyl großzügig. Laut der Statistikbehörde Eurostat genehmigte Italien im vergangenen Jahr 57 Prozent der 15.715 Asylanträge. Das liegt weit über dem europäischen Durchschnitt von 27 Prozent. Doch dann werden die Menschen alleingelassen. Viele Flüchtlinge landen nach ein paar Monaten auf der Straße. Auf dem Papier haben sie zwar das Recht auf Arbeit und auf medizinische Leistungen durch das Gesundheitssystem. De facto aber haben sie keine Aussicht auf Arbeit und werden auch nicht dabei unterstützt, eine zu finden. Die EU lässt Italien nicht allein. EU-Kommissionspräsident Barroso sicherte dem Land zusätzliche 30 Millionen Euro zu, um mit den Flüchtlingsströmen fertig zu werden. Die Gelder, die Ende des Jahres freigegeben werden sollen, dienen auch dazu, die Unterkünfte zu verbessern.