Budapest/Brüssel. Das ungarische Parlament hat ein umstrittenes Gesetz beschlossen, das Obdachlosen das Übernachten auf Straßen und Plätzen verbietet. Die Gemeinden können nach der Neuregelung bestimmte „Obdachlosenzonen“ ausweisen. Wer sich nicht daran hält, muss künftig mit Sozialstunden, Geldstrafen und Gefängnisstrafen rechnen.

Das Neuregelung sei „hauptsächlich im Interesse der Obdachlosen“, denen bei Übernachtungen im Freien im Winter der Tod drohe, so die rechtsgerichtete Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán. Vor fast einem Jahr hatte das Verfassungsgericht eine ähnliche Regelung gekippt. Daher änderte das Parlament im März dieses Jahres die Verfassung, um diese dennoch durchsetzen zu können.

Vor dem Parlament in Budapest demonstrierten mehrere Hundert Obdachlose gegen die Verabschiedung des Gesetzes. Die sozialistische Oppositionspartei MSZP beklagte, dass nunmehr die Obdachlosen durch dieses „unmenschliche“ Gesetz von den Behörden „gejagt“ werden könnten, ohne irgendeine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben. Das neue Gesetz diene nur dazu zu verhindern, dass der Anblick dieser Menschen die „Erfolgspropaganda“ der Regierung störe.

„Es ist unfassbar, dass Obdachlose auf diese Weise kriminalisiert werden“, kritisierte auch die FDP-Europaabgeordnete Nadja Hirsch in Brüssel. „Ungarn muss die EU-Charta für Menschenrechte einhalten.“ Sie forderte die EU-Kommission und die EU-Mitgliedstaaten auf, „dem menschenverachtenden Treiben Orbáns ein für alle Mal ein Ende zu setzen“. Allein in Budapest leben nach Schätzungen von Hilfsorganisationen 8000 bis 10.000 Obdachlose. Für diese stehen fast 6000 Plätze in Heimen zur Verfügung.