Berlin. Deutsche Firmen haben länger als angenommen waffenfähige Stoffe an Syrien geliefert. Noch bis zu Beginn des syrischen Bürgerkriegs wurden Chemikalien in das Krisenland exportiert, die zur Herstellung von Giftgas genutzt werden können. Zugleich räumte das Bundeswirtschaftsministerium am Montag ein, dass die Menge der zwischen 1998 und April 2011 exportierten Substanzen mit 360 Tonnen fast dreimal so groß ist wie bisher bekannt. Es gebe aber weiterhin keine Zweifel an der zivilen Verwendung der Chemikalien.

Vor zwei Wochen hatte das Ministerium nach einer parlamentarischen Anfrage der Linksfraktion mitgeteilt, dass in den Jahren 2002, 2003, 2005 und 2006 insgesamt 134 Tonnen Chemikalien aus Deutschland nach Syrien geliefert wurden, die auch zur Herstellung von Giftgas verwendet werden können. Jetzt liegt eine komplette Liste für die Jahre 1998 bis 2011 vor.

Das Wirtschaftsministerium erklärte, die Substanzen seien für die Verwendung in der Schmuckindustrie, zur Fluorierung von Trinkwasser oder auch zur Herstellung von Zahnpasta exportiert worden. „In allen diesen Fällen wurde die geplante zivile Verwendung der Güter plausibel dargestellt“, erklärte das Ministerium. „Auch eine aktuell vorgenommene nochmalige Prüfung der angesprochenen Fälle ergab keine neuen Erkenntnisse, die an der Plausibilität der zivilen Nutzung der gelieferten Güter Zweifel aufkommen lassen.“

Die Inspekteure der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) haben sich am Montag auf den Weg gemacht, um das Programm zur Zerstörung des syrischen Chemiewaffenarsenals einzuleiten. Die Zerstörung des syrischen C-Waffenarsenals gilt als eine der größten und gefährlichsten Operationen dieser Art. Auf tausend Tonnen wird der syrische Bestand geschätzt, darunter Sarin, Senfgas und das Nervengas VX.