Ankara. In der Türkei hat der islamisch-konservative Ministerpräsident Tayyip Reccep Erdogan ein umfangreiches Reformprogramm vor allem zugunsten der Kurden angekündigt. In einer Grundsatzrede stellte Erdogan am Montag die Senkung oder gar den Wegfall der Zehn-Prozent-Klausel bei Wahlen in Aussicht. An nicht staatlichen Schulen soll es zudem möglich werden, in anderen Sprachen als in Türkisch zu unterrichten. Bei kurdischen Politikern stießen Erdogans Vorschläge, die auch ein Ende des Kopftuchverbots im öffentlichen Dienst beinhalten, auf Ablehnung.

„Unser Volk wünscht sich nichts sehnlicher als die Stärkung des inneren Friedens und die Entwicklung der sozialen Einheit“, sagte Erdogan in seiner Grundsatzrede. Geschlossenheit werde den inneren Frieden des Landes festigen. Bei Wahlen gilt derzeit eine Zehn-Prozent-Sperrklausel, die weltweit zu den höchsten Hürden zählt. Deren Senkung beziehungsweise ihr Wegfall würde kurdischen Parteien zugutekommen. Das und der Schulunterricht in der eigenen Sprache gehört zu den Hauptforderungen der Kurden, die fast 20 Prozent der Bevölkerung in dem Nato-Staat und EU-Bewerber stellen.

Die kurdennahe Partei für Frieden und Demokratie nannte die Vorschläge nicht ausreichend, um die Friedensbemühungen mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei (PKK) voranzubringen. Die PKK, deren inhaftierter Chef Abdullah Öcalan seit 2012 mit der Regierung in Ankara verhandelt, hatte Anfang des Monats mit der Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes gedroht, falls die Regierung sich nicht bewege. Das von Erdogan angekündigte Ende des Kopftuchverbots soll im öffentlichen Dienst nur mit Einschränkungen gelten. Davon ausgenommen sind Armee und Polizei sowie Richterinnen und Staatsanwältinnen. Das Verbot des Kopftuchs in Amtsstuben geht auf den Staatsgründer Kemal Atatürk zurück. Der türkische Regierungschef stellte auch den Roma mehr Rechte in Aussicht.