Präsident Hassan Rohani und Syriens Baschar al-Assad schlagen in TV-Interviews versöhnliche Töne an

Washington. Zwei Fernsehinterviews und eine neue Brieffreundschaft lassen in Washington Hoffnungen auf eine friedliche Lösung für gleich mehrere Konflikte aufkommen. In den TV-Interviews versicherten der iranische Präsident Hassan Rohani, sein Land wolle keine Atomwaffen, und der syrische Machthaber Baschar al-Assad, Damaskus werde seine Chemiewaffen der internationalen Gemeinschaft übergeben. Rohani antwortete wenige Tage zuvor sogar auf einen Brief von US-Präsident Barack Obama – ein Akt, der unter dem vormaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad unvorstellbar gewesen wäre.

Die iranisch-amerikanische Charmeoffensive stellt Tauwetter in Aussicht in den bilateralen Beziehungen, die seit dem Sturz des Schahs und der Geiselnahme amerikanischer Botschaftsangestellter 1979 Feindseligkeit geprägt ist. In den vergangenen Jahren schien sie wegen des Teheraner Nuklearprogramms gar auf eine militärische Auseinandersetzung zuzusteuern. Und die zumindest rhetorische Konzilianz Syriens lässt hoffen, dass die in der vorigen Woche zugesicherte Zerstörung der C-Waffen-Arsenale ohne massiven Widerstand aus Damaskus gelingen kann. Die USA und Russland wollen nächste Woche in New York weitere Details dieses Prozesses aushandeln.

Für seine versöhnlichen Worte wählte Rohani den US-Fernsehsender NBC News aus. Im ersten Interview mit einem westlichen Sender nach seinem Amtsantritt Anfang August versicherte der Präsident, Teheran habe „immer und immer wieder“ erklärt, es strebe „unter keinen Umständen Massenvernichtungswaffen an, auch keine Nuklearwaffen“. Dies gelte weiterhin. Es gehe nur um „friedliche Technologie“. Seine Regierung habe „die vollständige Autorität“ und die Macht, um mit dem Westen einen Kompromiss in dieser Frage zu finden. Damit wollte Rohani offenkundig unterstreichen, dass ihm der oberste politische und religiöse Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, umfassende Kompetenzen in dieser Frage einräume.

Rohani unterscheidet sich in der Rhetorik deutlich von seinem Amtsvorgänger Ahmadinedschad darin und trat mit diplomatischer Freundlichkeit auf. Er verzichtete auf jegliche antisemitische oder antiwestliche Beleidigungen und lobte sogar den amerikanischen Amtskollegen. Ob Obama während seines Zickzackkurses im Vorfeld eines nun zunächst gestoppten Militärschlags gegen Syrien, einen engen Verbündeten des Iran, schwach ausgesehen habe, wollte die ihn befragende Journalistin Ann Curry wissen. Rohani passte diese Steilvorlage für eine Polemik gegen den US-Präsidenten generös zurück. „Wir betrachten Krieg als Schwäche“, sagte er, „und jede Regierung, die sich für Frieden entscheidet, betrachten wir mit Respekt.“

Während Teheran auch unter Ahmadinedschad immer wieder versichert hat, es betreibe sein Nuklearprogramm nur zu zivilen Zwecken, gehen die USA und Europa, aber auch Russland und China davon aus, dass in den iranischen Zentrifugen nuklearwaffenfähiges Material in großem Umfang produziert werden soll. Die US-Regierung reagierte mit skeptischem Wohlwollen auf Rohanis Aussagen. „Die Welt hat viel gehört aus der Regierung von Präsident Rohani über den Wunsch, die Beziehungen der Islamischen Republik Iran mit der internationalen Gemeinschaft zu verbessern, und Präsident Obama denkt, wir sollten diese Aussage prüfen“, sagte Bernadette Meehan, eine Sprecherin des Weißen Hauses.

Bereits im August hatte Obama einen Brief an Rohani geschickt. Inzwischen ist im Weißen Haus eine Antwort eingegangen. Der Wortlaut der Schreiben wurde nicht bekannt. Doch in Teheran wie in Washington wird die Korrespondenz als möglicher erster Schritt auf dem noch weiten Weg zu einer Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen gesehen. Zwar gab es auch in der Vergangenheit Briefwechsel zwischen Washington und Teheran. Aber Obama hatte frühere Schreiben an Chamenei gerichtet, weil dem faktischen Staatsoberhaupt die alleinige Entscheidungskompetenz zugemessen wurde. Die Antworten von Ahmadinedschad beinhalteten keine Signale der Verständigungsbereitschaft. Dies mag wegen der desolaten Wirtschaftslage des Iran, der sich massiven Handelssanktionen ausgesetzt sieht, diesmal anders sein.

Am Dienstag treten sowohl Obama als auch Rohani vor der Uno-Generalversammlung in New York auf. Obama wird nach dem provisorischen Zeitplan als zweiter Redner am Vormittag sprechen, Rohani einige Stunden später. Trotzdem wird spekuliert, ob die beiden Präsidenten sich „zufällig“ in den Gängen des Uno-Gebäudes über den Weg laufen und einander zumindest die Hand schütteln könnten.

Die Regierung in Washington reagiert mit skeptischem Wohlwollen

Im Interview mit dem US-Sender Fox News versicherte der syrische Diktator al-Assad, sein Land werde sich an die Zusage halten, die C-Waffen internationaler Kontrolle zu unterstellen. Assad bestritt aber weiterhin, die Giftgas-Attacke vom 21. August in der Region Ghuta und in weiteren Orten im Süden und Osten von Damaskus sei von Regierungstruppen ausgeübt worden. Er machte vielmehr die Rebellen dafür verantwortlich, die sich „zu 80 bis 90 Prozent“ aus Dschihadisten und Al-Qaida-nahen Terroristen rekrutierten. Das komplette Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender stellte die syrische Regierung auf einem eigenen YouTube-Kanal samt arabischen Untertiteln ins Netz. Ein Zeichen der Stärke Assads? Rohani hatte vor einigen Tagen erklärt, Syrien bleibe ein Verbündeter des Iran, unabhängig von der Frage, wen das syrische Volk zu seinem Führer bestimme. Wird da bereits ein Abschied Assads ins Asyl vorbereitet?