Deutschland lieferte Chemikalien an das Assad-Regime

Moskau/Damaskus. Nach der Veröffentlichung des Giftgasberichts der Vereinten Nationen zu Syrien hat Russland die Uno-Inspektoren scharf kritisiert. Die Spezialisten seien „politisiert, voreingenommen und einseitig“ vorgegangen, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow der Staatsagentur Ria Nowosti. „Sie haben einen selektiven und unvollständigen Bericht erstellt.“ Die Uno-Experten hätten drei weitere angebliche Chemiewaffeneinsätze in dem Bürgerkriegsland nicht untersucht, kritisierte Rjabkow. Er war am Vorabend nach Damaskus gereist. Die Uno-Vetomacht Russland ist der wichtigste Partner des Regimes. Moskau hat den Giftgaseinsatz bei Damaskus am 21. August, bei dem nach US-Angaben 1400 Menschen ums Leben gekommen sein sollen, wiederholt als „Provokation“ der Assad-Gegner bezeichnet. Das Mandat erlaubte den Uno-Inspektoren nicht, die Schuldfrage zu klären.

Syriens Außenminister Walid al-Muallim betonte nach einem Gespräch mit Rjabkow die Einigkeit beider Seiten in dem Konflikt, wie die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana meldete. Rjabkow sagte, Damaskus habe Moskau Materialien übergeben, welche die Schuld der Rebellen an dem Giftgaseinsatz beweisen sollen. „Russland hat mit der Analyse dieser zusätzlichen Informationen begonnen.“ Das Material werde Beweise für die Verstrickung der Rebellen in Chemiewaffenattacken liefern, behauptete der Diplomat. In der ZDF-Sendung „frontal“ am Dienstagabend sagte der Belgier Pierre Piccinin, er habe als Geisel der Rebellen ein Skype-Gespräch mehrerer Kommandeure mitgehört, die über einen fehlgeschlagenen Giftgaseinsatz sprachen. Einer der Offiziere habe gesagt, dass mit 50 Toten gerechnet worden sei, aber offenbar habe es einen „Kontrollverlust“ gegeben. Ein General der Freien Syrischen Armee sei sehr verärgert über die hohe Zahl von Toten gewesen.

Der Linkspolitiker Jan van Aken warf den rot-grünen und schwarz-roten Bundesregierungen unterdessen vor, sie hätten Ausfuhrgenehmigungen für Chemikalien nach Syrien erteilt, die unmittelbar für die Herstellung von Sarin benötigt würden. „Allein zwischen 2002 und 2006 haben die damaligen Bundesregierungen die Lieferung von 111 Tonnen sensibler Chemikalien genehmigt“, kritisierte van Aken. „Mitten hinein in ein Land, von dem damals schon alle Welt wusste, dass es ein riesiges Chemiewaffen-Programm betreibt.“

Den Angaben zufolge handelt es sich um Fluorwasserstoff, Natriumfluorid und Ammoniumhydrogenfluorid. Alle drei Substanzen sind genehmigungspflichtig. Der Export ist jedoch nicht verboten, da sie auch in der Industrie, etwa bei der Herstellung von Zahnpasta verwendet werden.