Uno-Inspekteure haben den Einsatz von Giftgas in Syrien bestätigt. Die Schuldfrage bleibt allerdings unklar. Zivilisten wurden mit Sarin getötet.

New York/Paris. Die Uno-Waffeninspektoren haben bestätigt, dass während des Angriffs auf Vororte der syrischen Hauptstadt Damaskus am 21. August das Nervengift Sarin eingesetzt worden ist. Chemiewaffen seien in relativ großem Umfang gegen Zivilisten eingesetzt worden, heißt es in dem mit Spannung erwarteten Bericht der Kontrolleure. Die von den Waffeninspektoren gesammelten Proben lieferten klare und überzeugende Beweise, dass Boden-Boden-Raketen mit dem Nervengift Sarin eingesetzt worden seien. Unklar blieb zunächst, ob der Bericht auch auf die Schuldfrage eingeht. Der Auftrag der Waffeninspekteure lautete, Fakten zu sammeln. Er erstreckte sich nicht darauf zu untersuchen, wer die Chemiewaffen verwendete.

Parallel liefen die diplomatischen Bemühungen zur Kontrolle des syrischen Chemiewaffenarsenals auf Hochtouren weiter. Frankreich, Großbritannien und die USA einigten sich am Montag darauf, den Druck auf Präsident Baschar al-Assad zu verstärken, damit er seine Zusagen zur Beseitigung der Chemiewaffen einhält. Die drei westlichen Ständigen Mitglieder des Uno-Sicherheitsrats strebten dazu eine „eindringliche und robuste“ Resolution des Rates an, teilte das Büro des französischen Präsidenten François Hollande am Montag nach einem Treffen der Außenminister der drei Länder mit.

Russland hingegen bremst den Westen erneut aus. Der gemeinsame Beschluss Russlands mit den USA zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen sehe – anders als von Washington gewünscht – keine Anwendung von Gewalt nach Kapitel VII der Uno-Charta vor, sagte Außenminister Sergej Lawrow gestern in Moskau. Sein US-Amtskollege John Kerry betonte hingegen in Paris, Russland habe explizit zugestimmt, dass Gewalt gegen das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad der Weg bei einer Nichterfüllung der Resolution sei.

Es müsse einen präzisen Zeitplan für die Zerstörung des syrischen Chemiewaffenarsenals geben, ließ der französische Präsident François Hollande nach einem Treffen mit Kerry und dem britischen Außenminister William Hague mitteilen. Kerry forderte: „Wenn Assad die Bestimmungen dieses Rahmens nicht erfüllt, wird es Konsequenzen geben, darauf haben wir uns alle geeinigt – das schließt Russland ein.“ In Moskau betonte Lawrow dagegen: „Unsere amerikanischen Kollegen hätten gerne eine Resolution unter Androhung von Kapitel VII gehabt. Aber das endgültige Dokument, auf das wir uns geeinigt haben und unsere Regierungen zur Umsetzung verpflichtet, erwähnt dies nicht.“

Im syrischen Bürgerkrieg wurde immer wieder der Vorwurf erhoben, dass chemische Kampfstoffe eingesetzt wurden. Die Uno-Ermittler sprechen von vermutlich 14 Angriffen mit C-Waffen – zuletzt am 21. August in Damaskus. Die Inspektoren haben nun erstmals bestätigt, dass dabei der Kampfstoff Sarin, ein Nervengift, verwendet wurde. Die Berichte über diesen Gifteinsatz hatten US-Präsident Barack Obama veranlasst, einen Militärschlag auf Syrien vorzubereiten.

Derweil gewinnen extremistische Kräfte im Syrien-Konflikt an Einfluss. Dies untermauerte gestern ein Uno-Bericht, in dem von einer deutlichen Zunahme von Tötungen und anderen Verbrechen durch Oppositionsgruppen im Norden Syriens die Rede ist. Verübt würden sie vor allem von extremistischen Kämpfern, teilten Uno-Ermittler in Genf mit.

Währenddessen hat die türkische Luftwaffe am Montag einen syrischen Hubschrauber abgeschossen. Der Helikopter sei zwei Kilometer tief in türkisches Gebiet eingedrungen, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Bülent Arinc in Ankara. Der Zwischenfall habe sich am Nachmittag in der Provinz Hatay ereignet. Die Türkei hat eine 900 Kilometer lange Grenze zu Syrien und gilt als einer der entschiedensten Gegner des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. In den vergangenen Monaten hatte es mehrfach Zwischenfälle im Grenzgebiet gegeben.