Erste Blogger wurden wegen „Gerüchtemacherei“ bereits verhaftet. Szene wehrt sich mit Humor

Peking. Chinas Blogger wehren sich gegen einen neuen Maulkorb und die Androhung, für Online-Kommentare bis zu drei Jahre in Haft zu kommen, mit Gegenklagen, aber auch mit Fantasie, Galgenhumor, Spott und bitterbösen Karikaturen. Das Internet wurde für Zehntausende zum Forum des Protests gegen eine Reihe neuer gesetzlicher Bestimmungen, die am Dienstag in Kraft traten. Das Oberste Volksgericht und die Generalstaatsanwaltschaft hatten in einer gemeinsamen amtlichen Erweiterungs-Interpretation des Straftatbestands der Verleumdung bestimmt, dass auch sogenannte „Internetgerüchte“ juristisch wie Verleumdungsdelikte behandelt warden sollen. Blogger können demnach mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden, wenn sie über Online-Kommentare oder Mikroblogs „Gerüchte“ verbreiten, die von mehr als 5000 Besuchern gelesen, oder mehr als 500-mal im Netz weiterverbreitet werden.

Die festgelegte Zahl 500 wurde zum tausendfach variierten Symbol des Widerstands. Eine Karikatur, die von der Zensur rasch gelöscht wurde, zeigte einen Computer-Bildschirm mit der Zahl 499 und einer Mausefalle, die bei 500 zuschnappen würde. Statt „Made in China“ stand darunter: „Mad in China“ (Chinesischer Wahnsinn). Südchinas populärer Karikaturist Kuang Biao zeichnete eine Fünf und zwei Nullen in Form von Handschellen. Die mutige südchinesische Tageszeitung „Nanfang Dushibao“ (Metropole im Süden) druckte seine Karikatur am Dienstag. Zum Bonmot im Internet wurde eine hintergründige Empfehlung: „Wenn du jemanden liebst, verbreite seinen Online-Blog. Wenn du jemanden hasst, dann tu das auch.“

Besonders schwer werden Gerüchte verfolgt und bestraft, wenn sie „in schwerwiegender Weise der sozialen Ordnung und den staatlichen Interessen schaden“. Darunter stehen in der Erklärung der Richter sieben Unterpunkte, etwa, wenn „Gerüchte“ Unruhen und Proteste auslösen, Minderheitenkonflikte oder religiöse Probleme provozieren oder nur das „Image des Staates“ beieinträchtigen. Chinesische Juristen und Anwälte protestierten gegen Pekings immer schärfer ausgeübte Kontrolle des Internets und der Kriminalisierung von unliebsamen Bloggern. Sie sehen in der juristische Intervention einen vorläufigen Höhepunkt in einer Kampagne der Partei, um das „ideologische Schlachtfeld des Internet“ wieder zu erobern. Leitartikel in Zeitungen wie der „Beijing Ribao“ verkündeten, dass die Partei im „Kampf um den Überbau ihr Schwert zeigen muss“.

In spektakulärer Weise wurden bereits Blogger wegen „Gerüchtemacherei“ verhaftet, darunter Xue Manzi, der zwölf Millionen Online-Leserfans hatte. Er wurde wegen regelmäßiger Besuchen bei Prostituierten festgenommen. In China ist das ein Straftatbestand, Aber er wurde darauf wie ein Schwerstverbrecher in den Hauptnachrichtensendungen des Fernsehens vorgeführt. Dabei wurde er als bekannter Blogger Chinas vorgestellt mit der erkennbaren Absicht der Propagandabehörden, ihn als „moralisch verkommenes Subjekt“ öffentlich zu diskreditieren.