Merkel will Druck auf Griechenland beibehalten. Athen: Brauchen keinen Schuldenschnitt

Berlin/Athen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will trotz der Debatte über ein drittes Rettungspaket für Griechenland den Reformdruck auf das hoch verschuldete Euro-Land beibehalten. In der „Saarbrücker Zeitung“ verwies Merkel darauf, dass das jetzige Hilfsprogramm erst Ende 2014 ausläuft: „Ich werde den Anreiz für Griechenland, weiter notwendige Reformen durchzuführen, ganz gewiss nicht schwächen, indem ich jetzt etwas über das Ergebnis eines Programms sage, das noch über ein Jahr gilt.“

Über eine Entlastung Griechenlands bei ausgezahlten Bankenhilfen durch den Rettungsfonds ESM hält sich die Bundesregierung bedeckt. Zwar werde eine Debatte geführt, dem ESM direkte Banken-Rekapitalisierung zu erlauben. Es gebe dieses an Bedingungen geknüpfte ESM-Instrument aber gar nicht, sagte der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Martin Kotthaus. „Und ich kann Ihnen im Moment auch nicht genau sagen, wann wir es haben werden.“ Die Frage einer rückwirkenden direkten Banken-Rekapitalisierung durch den ESM sei zwar nicht kategorisch ausgeschlossen worden, aber noch schwierig, sagte Kotthaus: „Man muss gucken, was überhaupt machbar ist.“

SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider warnte, sollte der ESM für die direkte Bankenhilfen genutzt werden, drohten für den Bundeshaushalt enorme zusätzliche Risiken. Es sei klar, dass die Euro-Partner dieses Instrument auch nutzen wollen: „Schäuble wird das nicht mehr verhindern, wenn er im Amt bleibt.“ Die SPD lehne die Umwandlung des ESM in einen Bankenhaftungsfonds ab. Schneider nannte die Behauptung von Merkel und Schäuble falsch, die Entscheidung über das neue Griechenland-Paket stehe nicht vor Mitte 2014 an: „Diese Aussage wird sich nicht halten lassen, und das wissen die beiden auch.“ Deshalb lüge die Kanzlerin, nur um über den Wahltag zu kommen. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bekräftigte in der „Südwest Presse“, er wolle Merkel noch vor der Wahl am 22. September zu einer klaren Aussage über ein drittes Rettungspaket für Griechenland zwingen. Der Spitzenkandidat der Grünen, Jürgen Trittin, warf Merkel in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vor, aus „panischer Angst“ vor der Euro-kritischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) eine Debatte über neue Hilfen zu vermeiden. Linke-Fraktionsvize Sahra Wagenknecht warf Merkel und Schäuble vor, den Schaden für die Steuerzahler zu vergrößern: „Mit neuen Krediten zur Finanzierung der griechischen Zins- und Tilgungszahlungen werden die Schulden und damit die Kosten eines zukünftigen Schuldenschnitts weiter erhöht.“ Die Bundesregierung wolle sich „zum x-ten Mal Zeit erkaufen“. Ein Schuldenschnitt werde aber kommen.

Nach Aussage von Finanzminister Ioannis Stournaras braucht Griechenland keinen weiteren Schuldenschnitt. „Wir können unsere Schuldenlast auch auf anderen Wegen verringern“, versicherte Stournaras dem „Handelsblatt“. Er bestätigte, dass sein Land in den Jahren 2014 und 2015 eine Finanzlücke von rund zehn Milliarden Euro habe. Es gebe aber viele Wege, die Lücke zu schließen. Denkbar seien niedrigere Zinsen und längere Tilgungsfristen für die bereits gewährten Hilfskredite. Als weitere Möglichkeit nannte er, die von der deutschen Opposition kritisierte Banken-Rekapitalisierung rückwirkend auf den Rettungsfonds ESM zu verlagern. Damit würden die für die Banken bereitgestellten 50 Milliarden Euro nicht auf die Staatsschulden angerechnet.

Wenige Tage vor Beginn einer neuen Kontrolle der internationalen Geldgeber hat die griechische Regierung die Bereiche für den massiven Stellenabbau im Staatsdienst bestimmt. Es geht um insgesamt 12.500 Staatsdiener, die in die sogenannte Mobilitätsreserve gehen sollen, die eine Versetzung innerhalb der Verwaltung oder Entlassung binnen acht Monaten vorsieht. Es betrifft Tausende Stellen in den Ressorts Bildung, Kommunen, Verteidigung und des Innenministeriums, wie der griechische Minister für Verwaltungsreform, Kyriakos Mitsotakis, in Athen ankündigte. Griechenland hat sich im Gegenzug zu den Rettungspaketen verpflichtet, den Staatsapparat zu verschlanken. Im September wollen die Kontrolleure der Europäischen Zentralbank (EZB), der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Reformfortschritte prüfen. Mit Ergebnissen wird erst Anfang Oktober gerechnet. Dann soll die nächste Tranche der Griechenlandhilfen in Höhe von einer Milliarde Euro freigegeben werden.

Stournaras will bereits in der zweiten Jahreshälfte 2014 den Finanzmarkt mit der Ausgabe einer neuen Anleihe testen. Allerdings räumte der Finanzminister ein, dass die aktuelle Rendite der griechischen Zehnjahresanleihe von fast zehn Prozent noch viel zu hoch sei, um an den Markt zu gehen: „Natürlich ist es unmöglich, zu diesen Konditionen Geld aufzunehmen“, sagte Stournaras der Zeitung, „aber die Renditen werden fallen“.