London. Erst am Dienstag war er mit der Familie in den Sommerurlaub aufgebrochen. Im idyllischen Cornwall wollte sich David Cameron mit seiner Frau Samantha und den Kindern vom stressigen Job erholen. Aus der ersehnten Entspannung wird nun vorerst nichts, denn der britische Premierminister gerät in der Affäre um die Löschung von Datenträger der Zeitung „Guardian“ zunehmend unter Druck.

Erstmals bestätigte ein Sprecher von Vizepremier Nick Clegg, dass Cameron die Kontaktaufnahme mit der Redaktion des „Guardian“ angeordnet hatte, in deren Folge mehrere Datensätze mit Material zur NSA-Affäre zerstört wurden. Demnach beauftragte der Premier Kabinettssekretär Sir Jeremy Heywood – offiziell der ranghöchste Angestellte des öffentlichen Dienstes in Großbritannien –, Chefredakteur Alan Rusbridger anzurufen. Wie der Sprecher von Vizepremier Clegg sagte, wären es „große Bedrohungen für die nationale Sicherheit“ Großbritanniens gewesen, wenn die Informationen von Whistleblower Edward Snowden in „falsche Hände“ gefallen wären.

„Der Premierminister fand, dass dies das richtige Vorgehen war. Er wollte die Publikationsfreiheit des „Guardian“ schützen und gleichzeitig die notwendigen Schritte ergreifen, um die Sicherheit zu garantieren“, heißt es in dem Statement, das vom Vizepremier verbreitet wurde. Innenministerin Theresa May sagte, „die Regierung habe nicht vorher gehandelt“, weil es sonst geheißen hätte, „der ,Guardian‘ dürfe keine Geschichten veröffentlichen“.

Die Labour-Opposition fordert nun eine öffentliche Erklärung. „Der Premierminister muss eine Erklärung vor dem Parlament abgeben“, sagte Keith Vaz, Chef des Labour-Komitees für Innere Sicherheit, „wir müssen die volle Wahrheit erfahren und nicht weniger.“ Neben der Bundesregierung distanzierte sich auch das Weiße Haus in Washington vom Vorgehen der britischen Regierung. „Es ist sehr schwer, sich ein Szenario vorzustellen, in dem das angemessen wäre“, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, auf die Frage, ob Regierungsmitarbeiter in ein Medienunternehmen gehen würden, um dort Festplatten zu vernichten. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), hatte das Vorgehen der britischen Behörden scharf kritisiert. „Da ist die rote Linie überschritten worden“, sagte Löning der „Berliner Zeitung“.