Eine Kommission prüft, ob die Regierung gegen Gesetze verstößt

London. Es ist gerade mal zwölf Monate her, dass Großbritannien bei den Olympischen Spielen britischen Goldmedaillengewinnern wie Mo Farah und Jessica Ennis zujubelten. Mo Farah ist Kind somalischer Einwanderer, Jessica Ennis' Vater ist aus Jamaika. Großbritannien zeigte sich weltoffen und international. Das alles scheint vergessen. Stattdessen macht das britische Innenministerium derzeit massiv Stimmung gegen illegale Einwanderer.

Seit mehreren Tagen fahren im Auftrag der Regierung Lastwagen durch London, die Ausländer zur Rückkehr in ihre Heimatländer auffordern: „Illegal in UK? Geh nach Hause oder dir droht die Verhaftung“ ist darauf zu lesen. Daneben steht eine Nummer, bei der Ausländer Hilfe für die Ausreise erhalten sollen. Zudem gab es verstärkt Personenkontrollen an U-Bahn-Stationen, was Bürgerrechtler nun scharf kritisieren. Hunderte Einwanderer wurden in den vergangenen Tagen verhaftet, um ihren Aufenthaltsstatus zu überprüfen.

Die Bürgerrechtsorganisation „Liberty“ protestierte am Dienstag mit einem eigenen Großplakat vor dem Londoner Innenministerium gegen die nach ihrer Auffassung ausländerfeindliche Plakataktion der Regierung. Sie forderte die Regierung auf, die Kampagne zu stoppen: „Spannung und Spaltung illegal schüren? Innenministerium, überleg dir das noch mal“, hieß es auf dem Plakat. „Liberty“ hält die Kampagne der Regierung für „zutiefst abstoßend und polarisierend“. Sie verstoße gegen das Antidiskriminierungsgesetz des Landes. Auch die Personenkontrollen seien rechtlich äußerst fragwürdig.

Scharfe Kritik an der Kampagne übte auch die Kirche von England. Der Bischof von Bradford, Nick Baines, zeigte sich empört. In seinem Webblog schreibt er: „Es ist eine Macho-PR-Aktion, die wenig erreichen wird, aber unserer Sprache, Kultur und Gemeinschaft großen Schaden zufügen wird.“

Die Regierung verteidigt ihre Aktionen. In der Zeitung „Daily Mail“ schrieb Einwanderungsminister Mark Harper: „Es ist nicht rassistisch, Menschen, die illegal in Großbritannien sind, aufzufordern zu gehen. Es ist eine Aufforderung, sich an das Gesetz zu halten.“ Ob sich das Innenministerium allerdings selbst ans Gesetz hält, ist umstritten. Die Gleichstellungs- und Menschenrechtskommission in Großbritannien hat eine Untersuchung eingeleitet, um zu klären, ob die Aktivitäten des Ministeriums rechtswidrig sind. Bereits 2010 erklärte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Personenkontrollen aufgrund von Hautfarbe und Aussehen in Großbritannien für rechtswidrig. Seitdem hat die Polizei Kontrollen dieser Art reduziert. Die neuen Kontrollen werden allerdings von Mitarbeitern des Zolls vorgenommen.