USA sehen „extrem hohe“ Gefahr im Jemen und ziehen die meisten Botschaftsmitarbeiter ab

Washington/Sanaa. Die aufsehenerregende Terrorwarnung der USA soll sich auf abgefangenen Informationen direkt von Al-Qaida-Chef Aiman al-Sawahiri und dessen Regionalvertreter im Jemen, Nassir al-Wahischi, gründen. Dies verlautete aus US-Geheimdienstkreisen und von einem nahöstlichen Diplomaten. Im Zuge von Ermittlungen sei klar geworden: Ziel eines Anschlags könnte eine einzelne Botschaft oder mehrere Vertretungen oder auch eine andere Einrichtung sein, sagten die Gewährsleute. Die USA hatten am Sonntag erklärt, man werde 19 diplomatische Vertretungen in der islamischen Welt und in Afrika bis kommenden Sonnabend geschlossen halten. Stark befestigte Botschaften wie in Kabul und Bagdad wurden wieder geöffnet.

Im Jemen halten die USA die Terrorgefahr weiter für „extrem hoch“, wie das Außenministerium mitteilte. Der dort angesiedelte Zweig des Terrornetzwerks gilt seit Langem als einer der aktivsten und gefährlichsten. Hier lag auch das Hauptaugenmerk, als die USA vergangene Woche eine Reisewarnung für alle Amerikaner weltweit und die Schließung von diplomatischen US-Vertretungen in zahlreichen Ländern ankündigten. Alle Botschaftsmitarbeiter bis auf eine Notbesetzung wurden aus dem Jemen abgezogen. Zudem forderte das Ministerium alle US-Bürger im Jemen auf, das Land sofort zu verlassen. Wenig später folgte Großbritannien mit einem ähnlichen Schritt: Das Land zieht alle Botschaftsmitarbeiter aus dem Jemen ab. Deutschland schloss seine Botschaft im Jemen am Sonntag und Montag.

Die USA schlugen darüber hinaus erneut militärisch gegen al-Qaida im Jemen zu und töteten vier Mitglieder des Terrornetzwerks mit Hilfe einer Drohne, wie aus jemenitischen Sicherheitskreisen bekannt wurde. Die Männer waren zusammen in einem Wagen unterwegs. Bei einem der Toten könnte es sich um das hochrangige Al-Qaida-Mitglied Saleh Dschuti handeln. Der Angriff im Bezirk al-Arkin in der Provinz Marib ist bereits der vierte innerhalb von weniger als zwei Wochen.

Die jemenitischen Behörden veröffentlichten eine Fahndungsliste mit 25 mutmaßlichen Al-Qaida-Terroristen. Diese hätten Terrorangriffe gegen „ausländische Büros und Organisationen und jemenitische Einrichtungen“ in Sanaa und anderen Landesteilen geplant, hieß es. Zudem erhöhte auch die jemenitische Regierung am Montag ihre Sicherheitsvorkehrungen. Wie beides mit der US-Warnung zusammenhängt, blieb zunächst unklar. Die Terrorgruppe al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel gilt als aktivster Zweig des weltweiten Mutternetzwerks. Seit dem Anschlag auf den US-Zerstörer „Cole“ im Oktober 2000, bei dem im Hafen von Aden 17 US-Soldaten getötet wurden, machte die Gruppe immer wieder mit Anschlägen von sich reden. Zwei Jahre später verübte sie einen Angriff auf den französischen Öltanker „Limburg“ vor der jemenitischen Küste. Im Juli 2007 wurden acht spanische Touristen und zwei Jemeniten bei einem Anschlag auf eine Ausgrabungsstätte bei Sanaa getötet, im September 2008 ließen bei einer Attacke auf die US-Botschaft im Jemen 19 Menschen ihr Leben, darunter sieben Angreifer.

Nachdem Saudi-Arabien verstärkt gegen die Gruppe vorgegangen war, verübte ein Selbstmordattentäter 2009 einen Anschlag auf den heutigen Innenminister Prinz Mohammed bin Najef. Der Attentäter zündete einen Sprengsatz in seinem Körper. Der Prinz überlebte leicht verletzt. Kurz darauf versuchte ein Al-Qaida-Mitglied am Weihnachtstag 2009, ein US-Flugzeug über Michigan in die Luft zu jagen. Der Attentäter wurde überwältigt, bevor er die in seine Unterhose eingenähte Sprengladung zünden konnte. Im November 2010 übernahm die Gruppe die Verantwortung für die Platzierung einer Paketbombe in einer UPS-Frachtmaschine, die zwei Monate zuvor im Golfemirat Dubai abgestürzt war. Außerdem bekannte sie sich zur Versendung mehrerer Paketbomben in die USA, die allerdings nicht explodierten.