In Chile gibt ein geständiger Offizier Hinweis auf Taten während der Militärdiktatur

Rio de Janeiro. Wie ein Stück Müll wurden die geschundenen Opfer auf ihre letzte Reise geschickt. Hastig eingepackt in einen alten Sack, verschlossen mit einem rostigen Metalldraht. Dann rollten die Leichen über Schienen bis an die Küste, und schließlich warfen Helfer sie ins Meer. So in etwa dürften sich die grausamen Szenen abgespielt haben, die chilenische Ermittler derzeit in der Nähe der Küstenstadt Caldera im Norden des Landes zu rekonstruieren versuchen. Es sind Szenen aus einem besonders düsteren Kapitel der chilenischen Militärdiktatur (1973–1990), und es zeigt, wie skrupellos die Machthaber um General Augusto Pinochet vorgingen, um ihre Gegner auszulöschen.

Ein Militärangehöriger, so berichten es die chilenischen Medien in diesen Tagen, habe kurz vor seinem Tod noch einmal sein Gewissen erleichtern wollen. Was er berichtete, erschütterte die Zuhörer. Es soll eine Art „Verschiebebahnhof des Todes“ in der Nähe von Caldera, rund 870 Kilometer nördlich der Hauptstadt Santiago, gegeben haben. Über die Schienen wurden die Leichen der Opfer, falls diese nicht sogar noch lebendig waren, an die Küste transportiert und schließlich ins Meer geworfen. Auf diese Weise verschwanden politische Gefangene und Gegner von Diktator Pinochet spurlos. Keine Leichen, keine Spuren. Zurück blieben verzweifelte Angehörige, die bis heute auf die Aufklärung des Schicksals ihrer Verwandten hoffen. Zumindest ein Teil von ihnen kann jetzt wenigstens auf Gewissheit hoffen.

Der Name des geständigen Armeeangehörigen ist bislang nicht bekannt, auch wenn Gerüchte über dessen Identität die Runde machen. Er soll auch über Opfer gesprochen und Namen genannt haben. Es ist nicht das erste Mal, dass Geständnisse von Pinochet-Schergen die Wahrheit ans Licht bringen. Schon zuvor kamen Verbrechen an die Öffentlichkeit – auch durch die Aussagen des Mechanikers Sergio López Maldonado, der erklärte, mitgeholfen zu haben, die Leichen der Opfer aus einem Flugzeug über dem Meer abgeworfen zu haben. Die Ausmaße des Terrors gegen Oppositionelle wurden bis heute nicht richtig aufgeklärt. Immer wieder werden die Opferzahlen nach oben korrigiert. 2011 hob sie eine Regierungskommission auf 40.018 an.