Nordkoreas Diktator träumt von Skipiste, liebt teure Weine und Uhren und kratzt dafür sogar die Goldreserven an

Singapur/Peking. Nordkoreas erstes „Weltklasse“-Skigebiet – das ist Kim Jong-uns großer Traum. Der Diktator scheute keine Mühen und vor allem Ausgaben, um auf dem 768 Meter hohen Masik-Berg in der Provinz Kangwon ein Luxus-Wintersport-Resort mit Pisten und Hotels aus dem Boden stampfen zu lassen. Für viele harte Devisen importierte der junge Staatschef Skilifte, Maschinen für künstlichen Schnee – und eine hochkarätige Skiausrüstung für sich persönlich, um stilvoll die Hügel hinabzuwedeln. Schließlich ist er in der Schweiz zur Schule gegangen und dürfte Erfahrung auf den Brettern haben.

Erst im Mai hatte Kim die Baustelle nahe der Stadt Wonsan besucht, um die Arbeiter zur Eile anzutreiben: Im Dezember soll sein Skiparadies eröffnet werden. Doch nun scheint der Traum ausgeträumt: Eine Schlammlawine hat Kims Lieblingsprojekt fürs Erste unter sich begraben. Ungewöhnlich starke Regenschauer, schreibt die südkoreanische Zeitung „Chosun Ilbo“, hätten die frischen Pisten ins Rutschen gebracht. Satellitenfotos zeigen im Schlamm versunkene Gebäude. Eines der nagelneuen Hotels ist ebenfalls überflutet. Über 420 Millimeter Regen sind seit dem 10. Juli auf das Gebiet in Kangwon niedergegangen. Mit dem Ski-Resort will Kim ausländische Touristen mit gut gefüllten Portemonnaies anlocken – Geld, das der Staatschef gern mit vollen Händen ausgibt. Anfang des Monats hatte Pjöngjang gar den Sportberater der Vereinten Nationen, Wilfried Lemke, ins Land eingeladen, um ihm das neue Resort zu präsentieren. Das Skigebiet ist ein Beispiel für Kims ausgeprägten Hang zur Prasserei. Den Geschmack dafür hat der pummelige 30-Jährige offenbar von seinem verstorbenen Papa Kim Jong-il geerbt – doch scheint er noch ausgeprägter als bei diesem.

Seit dem Tod von Kim Jong-il sind die Importzahlen von Wein angestiegen

Aus Deutschland und Finnland soll der Nachwuchs-Diktator sich, schreibt „Chosun Ilbo“, teures Equipment für seine Sauna bestellt haben, „um den Kater und die Erschöpfung nach durchzechten Nächten zu bekämpfen“, wie eine anonyme Quelle berichtet. Denn: „Kim Jong-un liebt es genau wie sein Vater, zu trinken und die ganze Nacht zu feiern.“ Seit dem Tod von Kim Jong-il seien die Importzahlen von Wein und anderen Alkoholika angestiegen.

Außerdem soll sich der Nachwuchsdiktator gleich zwei britische Luxusyachten bestellt haben, die jede rund zehn Millionen US-Dollar kosten sollten. Allerdings, so die Quelle, habe Pjöngjang um eine Ermäßigung gebeten. Der Führer des verarmten ostasiatischen Staates liebt die Pracht. Er wurde schon im Oktober 2010, beim 65. Jubiläum der Arbeiterpartei, mit einer maßgefertigten Schweizer Uhr gesichtet – offenbar einer sündhaft teuren Patek Philippe.

Für all das geht Kim offenbar sogar an Nordkoreas Goldreserven. Pjöngjang hat im vergangenen Jahr über zwei Tonnen Gold nach China exportiert, weiß ein Informant in Peking der „Chosun Ilbo“ zu berichten. Weder Kims Vater noch sein in Nordkorea wie ein Gott verehrter Großvater hatten die kostbaren Reserven – geschätzte 1000 bis 2000 Tonnen – je angetastet. Der neue Mann an der Spitze aber soll sich da weniger zieren. Hochrangige Beamte, so behauptet der Informant, seien sehr besorgt: Kim Jong-un soll sich bedient haben, um seine geliebte Skipiste und die Saunalandschaft zu finanzieren.

Um an die begehrten Devisen zu kommen, hat Nordkorea auch den gemeinsamen Industriekomplex Kaesong zusammen mit Südkorea eingerichtet. Dort arbeiten abgeschottet vom Rest des Landes 53.000 Nordkoreaner zu Niedriglöhnen in 123 südkoreanischen Fabriken. Doch momentan liegt das Projekt auf Eis. Pjöngjang hatte im April alle seine Arbeiter wegen eines gemeinsame Militärmanövers Südkoreas und der USA abgezogen. Sechs Verhandlungsrunden zur Wiedereröffnung scheiterten bisher.

Aufgefallen war Pjöngjang auch kürzlich, als in Panama auf einem aus Kuba kommenden nordkoreanischen Frachter unter tonnenweise Zucker auch zwei MiG-21-Überschalljets, Batterien für Flugabwehrraketen und andere Waffenteile entdeckt wurden. Die mit Pjöngjang verbündete kubanische Regierung erklärte, das Schiff habe veraltete Waffen aus ihrem Land an Bord. Die Kampfmittel aus sowjetischer Produktion sollten in Nordkorea repariert und dann zurück nach Kuba gebracht werden.

Das könnte nach einer Erklärung des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri der Wahrheit entsprechen. Es gehe Nordkorea nicht um den Erwerb von Raketentechnologie, die es schon gar nicht aus Kuba beziehen müsse. Es gehe um den Zucker, sagen der britische Wissenschaftler Hugh Griffiths und der australische Forscher Lawrence Dermody von Sipri. Der isolierte Hungerstaat, der 1,1 Millionen Soldaten unter Waffen hält, setze seine Waffenexpertise im Tauschhandel ein, um die weltweiten Wirtschaftssanktionen zu unterlaufen. „Nordkorea besitzt im Übermaß Waffen, die aus der Sowjetzeit stammen, und verfügt über militärische Techniker, die von den früheren Sowjets oder von den Chinesen stammende Waffen warten, reparieren und aufrüsten können.“ Dafür würden sie sich mit Nahrungsmitteln oder mit dringend benötigten Devisen bezahlen lassen. Kuba zahle mit Zucker. Birma lieferte einst Reis.