Vor allem in Indonesien treiben Seeräuber ihr Unwesen

Hamburg. Auszug aus dem Bericht des Internationalen Schifffahrtsbüros (IMB) in Kuala Lumpur, Malaysia: „17.6.2013, Südchinesisches Meer, nordwestlich von Sarawak. Acht bis zehn Räuber, bewaffnet mit langen Messern, kamen im Schnellboot und enterten den Tanker ‚King River‘ in voller Fahrt. Die Piraten waren aggressiv und schlugen die meisten Mannschaftsmitglieder, fesselten ihre Hände. Der Erste Offizier sowie der Bordingenieur erlitten kleinere Schnittwunden, der Kapitän schwere Stiche an der linken Hand. Die Piraten zerstörten die Funkanlage, durchwühlten die Brücke und die Mannschaftsunterkünfte. Sie stahlen Geld und anderes Eigentum, bevor sie nach einer Stunde das Schiff verließen. Der Tanker drehte ab zum Hafen von Miri, um die Behandlung der Verletzten zu ermöglichen.“

Weltweit insgesamt 138 solcher Vorfälle aus dem Zeitraum von Januar bis Juni 2013 beschreibt das IMB in seinem neuesten Halbjahresbericht. Piraterie ist also nicht nur eine Angelegenheit historischer Abenteuer, sondern eine Plage auch der heutigen internationalen Seeschifffahrt. Dass das wahllos herausgesuchte Protokoll einen Vorfall in südostasiatischen Gewässern betrifft, ist kein Zufall. Weit über ein Drittel aller Vorkommnisse werden aus dieser Region gemeldet, 43 davon allein aus Indonesien, dem Staat mit 13.000 Inseln, dessen Verkehr wie in keinem anderen auf der Welt von der Schifffahrt abhängt.

Cyrus Mody, Sprecher des IMB, sieht einen Grund für die Häufung in der Reduzierung von Sicherheitspersonal in dem Archipel: „Wir beobachteten in den vergangenen Jahren einen Rückzug der Küstenwache in der Region, während die Kriminalität anstieg.“ In der ersten Jahreshälfte 2013 wuchs die Anzahl der gemeldeten Fälle in Indonesien um 50 Prozent. Eine Entwicklung, die umso stärker ins Gewicht fällt, als sich die Piraterie weltweit auf dem Rückzug befand. Das geht zu einem großen Teil auf eine Verbesserung der Situation vor Somalia und im Golf von Aden zurück. Wachschutz an Bord, erhöhte Aufmerksamkeit der Mannschaften, vor allem aber der Einsatz internationaler Einheiten und Konvoi-Schifffahrt haben die ehemalige Hochburg der Piraterie fast befriedet.

Insgesamt sind die afrikanischen Gewässer dadurch nicht sicherer geworden, die Gefahren haben sich in den vergangenen Jahren aber von der Ost- an die Westküste verlagert. Der Golf von Guinea, dort insbesondere die nigerianische Küste, entwickelte sich zu einem gefährlichen Hotspot. Und auch wenn die indonesischen Zahlen dort noch nicht erreicht werden, so sind doch die Gefahren für Leib und Leben der Seeleute im Einzelfall erheblich größer. Während die Seeräuber in Südostasien mit Messern bewaffnet und barfuß die Schiffe entern, sodass hier und da schon ausgestreute Glasscherben sie vertreiben konnten, gehören in Westafrika Schusswaffen zur üblichen Ausrüstung. Während in Südostasien seit Beginn 2013 lediglich 23 Seeleute als Geiseln genommen wurden, waren es in demselben Zeitraum in Ost- und Westafrika knapp 100.