In den Schuldenländern des Südens mehren sich Anzeichen der Besserung

Brüssel. In Spanien sind immer noch fast sechs Millionen Menschen ohne Arbeit. Aber die Arbeitslosenquote geht zurück, im zweiten Quartal zum ersten Mal seit zwei Jahren und wider alle Vorhersagen. In Portugal mussten die Geldgeber ob einer handfesten Regierungskrise ihre Beobachtungsmission auf Ende August oder Anfang September verschieben – und nun: sinkt das Defizit in Portugal viel schneller als prognostiziert und befürchtet. Der Fehlbetrag lag im ersten Halbjahr bei 3,85 Milliarden Euro. Das liegt weit unter der Marke von sechs Milliarden Euro, die Portugal erreichen wollte. „Portugal hat das Ziel erreicht“, teilt das Finanzministerium stolz mit.

Zwei Meldungen vom Tage: Die guten Nachrichten häufen sich, und sie sind umso besser, als es in allen betroffenen Ländern zuletzt nur nach unten ging. Die Euro-Zone steckte in einem Abschwung, der die Probleme der Staaten bei der Haushaltskonsolidierung noch verschärft, der die Arbeitslosigkeit bislang nahezu ungebremst steigen ließ, vor allem in den Krisenländern im Süden. Und nun, auf einmal: konzertierte Hoffnung. Wachstum keimt, ein zartes Pflänzchen noch, aber schon kräftig genug, um für Optimismus zu sorgen. Chris Williamson, Chefökonom beim Finanzinformationsdienstleister Markit, sieht „ermutigende Hinweise darauf, dass sich die Euro-Zone nach langer Durststrecke im dritten Quartal 2013 endlich wieder aus der Rezession befreien kann“.

All diesen Anzeichen ist eines gemein: Der vor allem in Südeuropa andauernde Absturz der Wirtschaftsleistung bremst sich. So nahm die Industrieproduktion in der Euro-Zone im Juli Fahrt auf, Markit verzeichnet eine Ausweitung wie seit zwei Jahren nicht. Zudem verlangsamt sich nicht nur in Spanien, sondern in der ganzen Peripherie der Abbau von Arbeitsplätzen deutlich. Eine Verlangsamung ist noch keine Trendwende, aber ankündigen kann sie eine. Spanien etwa, nach Griechenland am härtesten von Arbeitslosigkeit getroffen, predigt seit Jahresbeginn eine Rückkehr zum Wachstum noch im Jahr 2013. Anfangs musste sich Finanzminister Luis de Guindos vorhalten lassen, er mache den Leuten falsche Hoffnungen, nun soll eine reelle daraus werden.

Das Ende der Krise, die Europa seit Jahren gefangen hält, bedeutet das nicht. Die Kreditvergabe der Banken in der Euro-Zone an Unternehmen ist im Juni nach Zahlen der Europäischen Zentralbank erneut gesunken. Noch sind die Schulden in einzelnen Ländern drückend hoch, die Perspektiven für viele Menschen rar. Konsolidierung ist ein mühsames Geschäft, ebenso wie das der Strukturreformen, auf die sich die EU-Länder verpflichtet haben. Aber die verstreuten Zeichen der Hoffnung kommen zur rechten Zeit für die Regierenden in den Krisenländern, sie lassen sich auch als Beleg dafür nehmen, dass der eingeschlagene Weg nicht ganz falsch ist – sondern der Wirtschaft nach und nach eine Rückkehr zum Wachstum ermöglicht. Politische Entscheidungsträger müssten eigentlich in ein „sommerliches Stimmungshoch“ verfallen, sagt Williamson, „da endlich auch für die leidgeprüften Peripherieländer, die unter zunehmenden politischen und sozialen Spannungen leiden, Licht am Ende des Tunnels auftaucht“.

Spanien kann überdies einen Erfolg bei der Bankensanierung vermelden, einer der Kernaufgaben der konservativen Regierung. Die Banken des Landes wurden mit europäischer Milliardenhilfe im vergangenen Herbst rekapitalisiert, teils verstaatlicht, die ausfallgefährdeten Kredite in ihren Büchern ausgelagert – insofern mit Erfolg, als nun die erste Bank wieder die Rückkehr zur Normalität ankündigen könnte, zur Normalität, Geld zu verdienen. Der verstaatlichte Finanzkonzern Bankia schrieb im ersten Halbjahr wieder einen Gewinn ein, 192 Millionen Euro meldete das Unternehmen. Im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres hatte die Bank 4,45 Milliarden Euro Verlust geschrieben. Für das ganze Jahr rechnet Bankia mit einem Gewinn von 800 Millionen Euro. 2012 hatte das Unternehmen 19 Milliarden Euro Verlust gemacht.

Die deutsche Wirtschaft scheint bereit, ihren Platz als Oase des Wachstums auszufüllen. Der Geschäftsklima-Index des Ifo-Instituts stieg im Juli stärker als erwartet um 0,3 auf 106,2 Punkte. „Am Konjunkturhimmel zeigen sich nur wenige Wolken“, sagte Ifo-Ökonom Kai Carstensen, bemüht um ein sommerliches Sprachbild. Es ist der dritte Anstieg in Folge, für die Ifo-Ökonomen ein klares Signal, dass der konjunkturell schwache Start nicht das ganze Jahr prägen wird. Sie rechnen mit einem Wachstumsplus von 0,9 Prozent für das zweite Quartal 2013 – „Nachholeffekte unter anderem am Bau“, machte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe dafür verantwortlich. Deutschland steuere „weiter auf Wachstumskurs“, sagte Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP).

Neben den Anzeichen für eine Erholung der Realwirtschaft ist in diesem Sommer noch etwas anders als im vergangenen Jahr: Die Zweifel von Investoren am Fortbestand der Währungsunion sind kleiner geworden. Sowohl Spanien als auch Italien konnten sich zuletzt zu tragbaren Konditionen Staatsanleihen begeben, und selbst die portugiesische Regierungskrise, in deren Zuge immerhin der Architekt des schmerzlichen Sparprogramms zurücktrat, ließ zwar Beunruhigung, aber keine Panik aufkommen. Vor einem Jahr noch stand es Spitz auf Knopf, die Währungsunion war kurz davor, Griechenland die weitere finanzielle Unterstützung zu entziehen. Und nun geht es sogar dort voran.