Beim improvisierten Bad in der Menge genießt das Kirchenoberhaupt in Rio die Nähe zu den Gläubigen bei seiner ersten Reise ins Ausland

Rio de Janeiro. Begleitet von Chaos und Sicherheitsbedenken ist Papst Franziskus bei seiner Ankunft am Zuckerhut gefeiert worden. Vier Monate nach seiner Wahl zum Oberhaupt der katholischen Weltkirche wurde er in Brasilien von einer begeisterten Menge begrüßt und geradezu bedrängt. Den Sicherheitskräften gelang es zeitweise nicht, die Papst-Fans auf Distanz zu halten, was Franziskus zu gefallen schien.

Zum Auftakt seines einwöchigen Besuches zum Weltjugendtag in Rio fuhr der 76-Jährige nach der Landung am Flughafen demonstrativ in einem Kleinwagen ins Zentrum. Doch das Auto blieb im Verkehr stecken. Mehrfach wurde es von Hunderten Menschen umringt und blockiert. Schuld am ungeplanten Bad in der Menge war wohl ein Fehler des Fahrers.

„Es gab einen Moment, in dem das Auto eine falsche Route genommen hat und stecken blieb“, sagte Papst-Sprecher Federico Lombardi. „Das war ein etwas schwieriger Augenblick. Aber es war der Moment, in dem der Papst den Enthusiasmus der Leute sehen konnte“, fügte Lombardi hinzu. Durch das heruntergekurbelte Autofenster warfen Gläubige Briefe und Geschenke auf die Rückbank. Der Papst habe die Begeisterung genossen, gelächelt und keine Angst gehabt.

Wenige Stunden vor der Ankunft hatte die Polizei einen selbst gebauten Sprengsatz im Wallfahrtsort Aparecida (Bundesstaat São Paulo) entdeckt. Die Bombe war bei einer Sicherheitsübung nahe der Kirche ausfindig gemacht worden, in der Franziskus an diesem Mittwoch zu einer Messe erwartet wird. Der Sprengsatz befand sich in einer Toilette auf einem nahen Parkplatz, Experten machten ihn unschädlich. Zu keiner Zeit habe Gefahr für die erwarteten Pilger bestanden, teilte die Polizei mit.

In Rio ist ein massives Polizei- und Militäraufgebot im Einsatz. Am Rande des Besuches gerieten Randalierer und Sicherheitskräfte kurzzeitig aneinander. Dabei wurde ein Polizist durch einen Molotowcocktail verletzt. Auch ein Journalist habe Verletzungen durch einem Brandsatz erlitten, berichtete der Fernsehsender Globo. Die Polizei setzte den Angaben zufolge Gummigeschosse ein. Fünf Festnahmen wurden gemeldet. Zuvor hatten einige hundert Menschen gegen den Papst-Besuch und den Einfluss der Kirche protestiert.

Franziskus hatte sein Programm anders als zunächst geplant um die Fahrt durchs Zentrum der Sechs-Millionen-Stadt ergänzt. Nach chaotischen Minuten stieg Franziskus an der Kathedrale in einen offenen Geländewagen um. Dabei wurde er von Zehntausenden Menschen umjubelt. Mehrere reichten dem Pontifex ihre Kinder, damit er diese segnet. Der Papst lächelte, küsste Kinder und winkte den Menschen zu.

Menschen säumten den Straßenrand, kletterten auf Bäume, Bushaltestellen und Kioske, um ihn zu sehen. „Gott wollte, dass die erste Auslandsreise meines Pontifikats mich zurück in mein geliebtes Lateinamerika bringt“, sagte das aus Argentinien stammende Kirchenoberhaupt. In Brasilien leben mehr als 120 Millionen Katholiken. Wie in anderen Staaten sind viele Menschen wegen der jüngsten Skandale, eher weltlichen Interessen und anderen Religionen aus der Kirche ausgetreten.

Nach der Fahrt durchs Zentrum flog Franziskus per Hubschrauber zum Palácio Guanabara, dem Sitz des Gouverneurs von Rio de Janeiro, wo er auch mit Staatschefin Dilma Rousseff zusammentraf. „Ich habe weder Gold noch Silber, aber ich bringe das Wertvollste, das mir gegeben wurde: Jesus Christus!“, sagte der Papst auf Portugiesisch.

Bereits auf dem Flug nach Brasilien sprach Franziskus die wirtschaftliche Situation der Jugend an. Diese litten unter der weltweiten Wirtschaftskrise, sagte der 76-Jährige. „Wir laufen Gefahr, eine Generation zu bekommen, die arbeitslos ist“, sagte er. „Aus der Arbeit entspringt die Würde eines Menschen.“ In einer Ansprache nach der Landung sprach er indirekt die jüngsten Demonstrationen in Brasilien an und rief zum Dialog auf. Wenige Wochen vor dem Papst-Besuch war es zu Massenprotesten gegen steigende Preise und Korruption gekommen, die inzwischen aber abgeebbt sind.

Die Weltjugendtag-Besucher wird er erstmals am Donnerstag zum „Papst-Willkommen“ an der Copacabana treffen. „Ich bin gekommen, um junge Menschen aus allen Teilen der Welt zu treffen, die von den offenen Armen Christi des Erlösers angezogen werden“, sagte der Papst mit Blick auf Rios Wahrzeichen, die Christus-Erlöser-Statue, die auch das Logo des 28. Weltjugendtages ist.

Der Weltjugendtag begann Dienstag, nach unserer Zeit am späten Abend. Für Papst Franziskus gibt es erst mal einen Ruhetag. Zwei Millionen junge Männer und Frauen werden erwartet. Das Treffen steht unter dem Bibelwort „Geht hin und macht zu Jüngern alle Völker der Erde“ (Matthäus 28,19). Aus Deutschland sind etwa 2000 Teilnehmer in Rio. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, wünschte ihnen reiche geistliche Erfahrungen: „Das ist ein schöner Brückenschlag über den Atlantik, Weltjugendtage sind eine unverzichtbare Begegnung der Weltkirche.“ Gerne denke er an das Treffen 2005 in Köln zurück.

„In Rio kommen alle zusammen, um Kirche hautnah zu erleben, die Pilger und Bischöfe, gemeinsam mit Papst Franziskus“, sagte Bischof Karl-Heinz Wiesemann, Vorsitzender der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz.