Die Anklage wirft dem WikiLeaks-Informanten Manning Verrat vor. Anhänger nennen ihn einen politischen Gefangenen

Washington. Es gibt zwei Vorstellungen von Bradley Manning und keine passt zum jungenhaften Gesicht des Hauptgefreiten: Ist der 25-Jährige ein Friedensheld, der die Welt wachrütteln wollte über die Missetaten amerikanischer Politik, wie es seine Anhänger darstellen? Oder ist er ein gefährlicher Verräter, der al-Qaida half, die Streitkräfte der Vereinigten Staaten und der Verbündeten zu attackieren, wie es die Anklage behauptet?

Schon vor dem Militärtribunal hatte Manning gestanden, rund 700.000 Seiten an sensiblen militärischen und diplomatischen Dokumenten zu den Kriegen in Afghanistan und im Irak über die Enthüllungsplattform WikiLeaks veröffentlicht zu haben. In Fort Meade nördlich von Washington D.C. demonstrierten Anhänger für die Freilassung des jungen Mannes, den sie als politischen Gefangenen wahrnehmen.

So weit mochte Anwalt David Coombs nicht gehen. Aber er schrieb die umfangreichste Enthüllung geheimer Unterlagen in der Geschichte der Vereinigten Staaten einem „jungen und naiven Mann“ zu, der „gute Absichten“ gehabt habe und „die Welt zu einem besseren Ort machen“ wollte. Anklagevertreter Hauptmann Joe Morrow hatte die Taten des nur 1,57 Meter großen Angeklagten anders beurteilt. Manning habe Dokumente „in die Hände des Feindes“ gespielt. „Material, von dem er wusste, dass es das Leben seiner Kameraden in Gefahr bringen würde.“

Der junge Soldat aus Oklahoma war als Computerspezialist seit Oktober 2009 im Irak, um nachrichtendienstliche Informationen auszuwerten. Manning erhielt das „Clearing“ für den Umgang mit geheimen Unterlagen. „Top Secret“ waren die Unterlagen nicht, die Manning nach kurzer Zeit illegal zu kopieren begann. Aber zu ihnen gehörten die Aufnahmen vom Luftangriff eines US-Hubschraubers auf fünf als „verdächtig“ angesehene Männer im Juli 2007 in Bagdad. Mehrere von ihnen starben, zudem wurden zwei Kinder verletzt. Später stellte sich heraus, dass es sich bei zwei der Beschossenen um Reuters-Journalisten handelte, von denen einer getötet wurde.

Manning galt als verhaltensauffällig. Dass ein Soldat mit persönlichen Problemen Zugang zu geheimen Unterlagen bekam, ist irritierend. Die Verteidiger dürften versuchen, der US-Army eine Mitverantwortung zuzuweisen.