Das Attentat von London ist auch ein Thema am Rande der Innenministerkonferenz

Hannover. Eigentlich sollte es ausschließlich um die innere Sicherheit der Bundesrepublik gehen. Doch mitten in den Auftakt der Innenministerkonferenz (IMK) in Hannover platzte die Nachricht vom Attentat auf den Soldaten in London. Was sind die Hintergründe des Mordes? Könnte die Tat auch Auswirkungen auf Deutschland haben? Diese Fragen beschäftigten schließlich auch die Innenminister von Bund und Ländern, wenn auch nur am Rande des dreitägigen Treffens. Während Fernsehbildschirme im Tagungshotel Bilder vom Tatort in London zeigten, versuchte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) zu beruhigen: Bisher gebe es keinen Zusammenhang zum Champions-League-Finale. Die Fans könnten beruhigt sein.

Der mutmaßliche Terror von London scheint weit weg. Allerdings wissen die Sicherheitspolitiker nur allzu genau, wie schnell sich erste Einschätzungen als falsch erweisen können. Es ist deshalb das zunächst unscheinbare Wort „bisher“, dem große Bedeutung in den Sätzen Friedrichs zukommt. Denn niemand möchte ähnliche Pannen verantworten, wie sie den Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungen rund um jene Mordserie unterlaufen sind, die heute dem rechtsextremistischen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zugeschrieben werden.

Jahrelang zog das Trio mordend durch die Bundesrepublik, ohne erkannt zu werden. Erst im November 2011 war die Gruppe aufgeflogen. Nun geht es darum, dass so etwas nie wieder passieren kann. Dafür hatte die IMK die Kommission Rechtsterrorismus eingesetzt. Diese stellte den Innenministern nun ihren Abschlussbericht vor. Vor allem die fehlende Vorstellungskraft, dass Rechtsextremisten eine abgeschottete Terrorzelle bilden könnten und sich nicht zu ihren Taten bekennen würden, hielten die Experten den Sicherheitsbehörden vor. „Dass es keiner ernsthaft erwogen hat, ist das größte Versagen“, sagte Heino Vahldieck (CDU), Mitglied des Gremiums und ehemaliger Innensenator von Hamburg.

Vahldieck hat den Bericht zusammen mit Juraprofessor Eckhart Müller, dem früheren Innenminister von Rheinland-Pfalz Karl Peter Bruch (SPD) sowie dem einstigen Bundesanwalt Bruno Jost erstellt. Kritisiert wird vor allem die Kommunikation zwischen Polizei und Verfassungsschutz. „Es darf nicht sein, dass Polizei und Verfassungsschutz parallel gefährliche Personen beobachten, ohne voneinander zu wissen oder die erlangten Erkenntnisse zu teilen“, sagte Müller. Verbindungsleute (V-Leute) abzuschaffen, wie es Grüne und Linke fordern, lehnen die Experten ab. Die Kontrolle müsse jedoch gestärkt werden. Die Experten hoben zudem hervor, dass auch die Justiz Fehler begangen hätte. Ex-Bundesanwalt Jost sagte, man könne „nur mit dem Kopf schütteln“ angesichts der Erkenntnis, dass sich nicht nur eine Staatsanwaltschaft mit den Morden befasst habe. Künftig müsse der Generalbundesanwalt die Möglichkeit haben, sich bereits dann einzuschalten, wenn ein terroristischer Hintergrund zwar noch nicht offensichtlich ist, schwerste Straftaten aber bereits vorliegen.