Oslo. Die Erde wird sich einer Studie zufolge in den kommenden Jahrzehnten nicht so stark erwärmen wie befürchtet. Ohne weitere Klimaschutzfortschritte dürfte die Klima-Erwärmung aber auf längere Sicht ein Niveau erreichen, das als gefährlich für die Menschheit gilt. Dies ist das Ergebnis von Untersuchungen eines internationalen Wissenschaftlerteams, das am Sonntag veröffentlicht wurde. Die Forscher berechneten den Temperaturanstieg auf Basis des Kohlendioxidgehalts in der Atmosphäre. Dieser dürfte ungefähr Mitte des Jahrhunderts doppelt so hoch sein wie vor der Industriellen Revolution, sollte sich die Luftverschmutzung im aktuellen Tempo fortsetzen. Die Jahresdurchschnittstemperatur werde dann zwischen 0,9 und zwei Grad Celsius höher sein als zu vorindustriellen Zeiten, sagen die Experten voraus. Damit liegen sie merklich unter den Erhebungen von Uno-Klimawissenschaftlern aus dem Jahr 2007, die den Anstieg auf ein bis drei Grad schätzten.

Die Regierungen der Welt haben sich darauf geeinigt, die Erderwärmung nicht über zwei Grad steigen zu lassen. Viele Forscher gehen davon aus, dass der Menschheit ab dieser Schwelle gravierende Konsequenzen drohen wie eine Zunahme von Fluten und Hitzewellen sowie steigende Meeresspiegel. Die in der Fachzeitschrift „Nature Geoscience“ vorgestellte Studie könnte dazu führen, dass sich die Politik weniger stark unter Handlungsdruck sieht.

Chefautor Alexander Otto von der Universität Oxford erklärte, für die Regierungen sei die Entwicklung der nächsten 50 bis 100 Jahre entscheidend. Koautor Reto Knutti nannte die neuen Berechnungen für diesen Zeitraum zwar willkommen. Der Professor an der ETH Zürich mahnte aber zugleich, auf Sicht von Jahrhunderten werde die Erderwärmung deutlich über der Zwei-Grad-Marke liegen, falls sich der Trend bei den CO2-Emissionen fortsetzen sollte. In dieser langfristigen Berechnung lagen die Wissenschaftler im Rahmen ihrer Uno-Kollegen, die von einem Temperaturanstieg von zwei bis 4,5 Grad ausgingen.

In den 1980er- und 1990er-Jahren war das Tempo der Erderwärmung noch deutlich höher. Insbesondere das Wirtschaftswachstum in China trägt zum Anstieg der Treibhausgase bei. In der EU soll der Handel mit Emissionsrechten zu einer Eindämmung führen. Nach Auffassung von Bundeskanzlerin Angela Merkel funktioniert dieses Instrument aber nicht wie gewünscht und muss daher reformiert werden.