Abhör- und Steuerprüfungsskandale erschüttern das Image Barack Obamas. Auch in der Außenpolitik werden ihm Fehler angekreidet.

Washington. Gratulationen von Satirikern sind ungefähr so alarmierend wie Hausbesuche der Feuerwehr. Darum dürfte sich Barack Obama kaum gefreut haben, als ihm Jon Stewart, der populärste Fernsehkomiker der USA, aus seiner „Daily-Show“ ironisch zurief: „Na, Glückwunsch, Herr Präsident.“ Die Regierung habe, so Stewarts vergiftetes Lob, in den vergangenen Tagen „Anti-Regierungs-Verschwörungstheoretiker mit Alufolien-Kopfschutz bestätigt“, und das gleich in mehreren Fällen: Da wurde zunächst bekannt, dass die Steuereintreiber des Finanzministeriums Organisationen aus dem Republikaner-nahen Lager schikanierten. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Unparteilichkeit staatlicher Institutionen.

Wenige Tage später machte die Aufdeckung eines Lauschangriffs der Regierung auf die Nachrichtenagentur AP Schlagzeilen. Hebelte hier das Interesse, einen Maulwurf in den eigenen Reihen zu entlarven, der den Journalisten Details über einen verhinderten Terroranschlag gesteckt hatte, die in der Verfassung verbriefte Informations- und Pressefreiheit aus? Nicht nur jene Zeitgenossen, die sich mittels Alufolie gegen Gedankenmanipulation durch Geheimdienste zu schützen versuchen, dürften sich in ihrem Misstrauen bestätigt sehen.

Obamas im Januar begonnene zweite Legislaturperiode erlebt einen rumpeligen Start. Neben den aktuellen innenpolitischen Skandalen belasten den Präsidenten auch außenpolitische Turbulenzen. So fand vorige Woche eine Anhörung im Kongress zur Attacke auf die diplomatische Vertretung im libyschen Bengasi im September 2012 statt, bei der vier US-Diplomaten starben. Seinerzeit hatten Regierungsvertreter und auch Obama selbst in der Phase kurz vor der Präsidentschaftswahl lange gezögert, den Angriff zutreffend als „terroristische Tat“ zu charakterisieren und dies später mit erst nachträglich gewonnenen Erkenntnissen der Geheimdienste gerechtfertigt. Doch E-Mails aus dem Weißen Haus und dem Außenministerium zeigen, dass In-formationen über den Anschlag aus Sprechzetteln herausredigiert wurden – offenkundig sollte Obamas Image als erfolgreicher Al-Qaida-Bekämpfer nicht infrage gestellt werden.

Fehler auch bei Syrien-Krise

Auch in der Syrien-Politik machte der Präsident Fehler, die ihn jetzt einholen. Es mag richtig sein, in Syrien nicht zu intervenieren und auch auf eine Bewaffnung der dortigen Rebellen zu verzichten. Aber die Definition einer „roten Linie“ im Zusammenhang mit dem Einsatz von Chemiewaffen, deren mutmaßliches Überschreiten nun offenkundig ohne Konsequenzen bleibt, erweckt den Eindruck mangelnder Tatkraft. Dass nun auch noch ein US-Diplomat aus Russland ausgewiesen wurde unter dem Vorwurf, er habe so tölpelhaft wie in einer Agentenparodie samt Einsatz von Perücke und Geldkoffer einen russischen Geheimdienstler für die CIA anzuwerben versucht, wird nicht dem Präsidenten angelastet. Aber der Zwischenfall dürfte Washingtons ohnehin magere Aussichten, Moskau für eine gemeinsame Strategie in der Syrien-Politik zu gewinnen, zumindest nicht befördern.

Justizminister Eric Holder, der selbst wegen der AP-Bespitzelung in der Kritik steht, kündigte an, das FBI werde das offenkundige Fehlverhalten der dem Finanzministerium unterstellten Behörde untersuchen. Seit 2010 wurden laut einem ersten, dem Kongress zugeleiteten Untersuchungsbericht über 18 Monate lang rund 75 konservative Gruppierungen besonders penibel überprüft. Anträge auf Steuerbefreiung als gemeinnützige Organisation blieben bis zu drei Jahren ohne Bescheid liegen. Endgültig verweigert wurde die Spendenbefähigung offenkundig in keinem der Fälle. Aber manche dieser konservativen Organisationen gaben im Laufe der Zeit schlicht auf.

Derartige Schikanen wurden angewendet, wenn die Gruppierungen Begriffe wie „Tea Party“ oder „Patrioten“ oder „9/12“ (als Referenz zu jenem Tag nach dem 11. September 2001, an dem sich die Amerikaner über Parteigrenzen hinweg einig fühlten im Kampf gegen den Terror) im Namen trugen. Auch konservative Organisationen, die das amerikanische Volk „über die Verfassung aufklären wollten“, wurden in dieser Form diskriminiert. Nachträglich scheint sich damit deren indirekter Vorwurf zu bestätigen, die gegenwärtige Regierung missachte die Verfassung. Ungeklärt ist bislang, wer diese Kriterien definierte und den Anstoß zu diesem Vorgehen gab. „Dieser Bericht zeigt, dass einige der Mitarbeiter diesem Anspruch nicht genügten“, urteilte Obama.

Der nicht auf das republikanische Lager begrenzte Unmut über den Vorgang ist nicht beendet. Die „Washington Post“ zieht bereits Parallelen zum „Watergate“-Skandal der 70er-Jahre, als die Regierung von Richard Nixon den politischen Gegner mit schmutzigen Mitteln bekämpfte. Vom Präsidenten, der seinen Finanzminister Jacob Lew aufgefordert hat, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, wird selbst ein Machtwort verlangt. Ob dies schon reichen würde, den nächsten Glückwunsch von Jon Stewart ehrlicher klingen zu lassen, ist fraglich. Entscheidend wird sein, ob Obama wieder echte politische Handlungsfähigkeit demonstrieren kann.