Der frühere Regierungschef Nawaz Sharif steuert auf seine dritte Amtszeit zu
Lahore. Nach der Parlamentswahl in Pakistan deutet alles darauf hin, dass der frühere Regierungschef Nawaz Sharif zum dritten Mal Ministerpräsident wird. Seine Partei, die religiös-konservative Muslimliga (PML-N), hat laut Hochrechnungen haushoch gewonnen. Der 63-Jährige erklärte sich zum Sieger und wurde von seinen Anhängern ausgelassen gefeiert. Die bislang regierende Pakistanische Volkspartei (PPP) muss nun die Regierungsmacht abgeben.
Sharif war in den 1990er-Jahren bereits zweimal Regierungschef. In seiner Amtszeit führte Pakistan 1998 erstmals einen Atomtest durch. 1999 wurde Sharif in einem unblutigen Militärputsch von General Pervez Musharraf abgesetzt. Musharraf hatte ihm vorgeworfen, unter dem Druck der USA einen Militäreinsatz in der umstrittenen Grenzregion Kaschmir abgebrochen zu haben. Ein Jahr später ging Sharif ins Exil nach Saudi-Arabien. 2007 kehrte er zurück und übernahm erneut die Führung seiner Partei. Bei der letzten Wahl 2008 wurde er mit ihr zweitstärkste Kraft. Zweitstärkste Kraft in der Nationalversammlung ist laut Hochrechnungen die Partei Tehreek-e-Insaf des früheren Kricket-Weltmeisters Imran Khan. Khans „Bewegung für Gerechtigkeit“ hat viele jüngere Wähler gerade in den Städten angezogen, die von den etablierten Parteien enttäuscht sind und die weit verbreitete Korruption und Vetternwirtschaft satthaben. Die Gerechtigkeitsbewegung könnte nun das Zünglein an der Waage spielen.
Sharif bot in einer Siegesrede allen politischen Kräften eine Zusammenarbeit an. „Ich bitte alle, sich mit mir an einen Tisch zu setzen, damit unser Land von Flüchen wie Inflation, Arbeitslosigkeit und den ständigen Stromausfällen befreit werden kann“, sagte er. Unklar ist, wie Sharif mit den Taliban und anderen islamistischen Aufständischen umgehen wird. Kritiker monieren, dass die Muslimliga als Regionalregierung in der Provinz Punjab die Extremisten weitgehend gewähren lässt. Wie befürchtet war die Parlamentswahl von blutigen Terrorakten überschattet. Bei mehreren Bombenanschlägen und Schüssen auf Wahllokale und Parteibüros kamen mindestens 29 Menschen ums Leben. Dutzende weitere wurden verletzt. Trotzdem war die Wahlbeteiligung mit fast 60 Prozent ungewöhnlich hoch. 2008 hatte sie nur 44 Prozent betragen. Die Wahl fand unter massiven Sicherheitsvorkehrungen statt. Gut 600.000 Polizisten, Soldaten und Sicherheitskräfte waren im Einsatz. Wahlberechtigt waren rund 86 Millionen Bürger. Schon der Wahlkampf wurde von Dutzenden Angriffen islamischer Extremisten überschattet, bei denen mindestens 130 Menschen getötet wurden. Sie galten meist liberalen, säkularen Parteien, die Militäroffensive gegen die islamistischen Taliban unterstützt hatten.
Die Wahl in Pakistan gilt als historische Wegmarke. Erstmals seit der Unabhängigkeit 1947 übergibt eine demokratisch gewählte Regierung an die nächste, ohne dass das Militär zwischendurch geputscht hat.
(AP)