Ungarn ordnet den Verkauf von Rauchwaren neu und bevorzugt dabei Anhänger der Regierungspartei

Budapest. Unter den vielen Reformen der rechtskonservativen ungarischen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán gibt es einige, von denen nicht ganz klar ist, warum sie eigentlich nötig waren. Die bislang wohl überflüssigste dürfte die Neuordnung des Tabakwarenverkaufs sein. Mit dem Argument, man müsse ungarische Ladenbesitzer vor internationalen Konzernen schützen, wurde ein staatliches Monopol geschaffen. Dann wurde die Zahl der Einzelhandelslizenzen zum Verkauf von Tabak reduziert und die Lizenzen selbst, wie es scheint, gezielt an Parteifreunde vergeben.

Die Sache soll so funktioniert haben: Die Ortsverwaltungen durften über die Vergabe der Lizenzen in ihren Bezirken entscheiden. In Gemeinden, die von der Regierungspartei Fidesz geführt werden, erhielt offenbar der jeweilige Ortsvorstand der Partei intern die Befugnis, über die Vergabe zu wachen. Dabei galt die Maßgabe, auf keinen Fall Lizenzen an Anhänger der rechtsextremen Partei Jobbik zu vergeben, die Umfragen zufolge von der dritt- zur zweitstärksten Kraft des Landes avanciert und auch nicht an Sozialisten oder sonstige Oppositionelle. Lieber die eigenen Anhänger bedenken.

Der Staatssekretär im Ministerpräsidentenamt János Lázár soll die Sache mit wachsamen Augen verfolgt haben. Er war davor Fidesz-Fraktionschef im Parlament und maßgeblich an der Ausgestaltung der Tabakhandel-Reform beteiligt. Er streitet jegliche Unsauberkeit bei der Vergabe ab. „Ich kann leider nicht garantieren, dass bei der Lizenzvergabe ausschließlich Oppositionsanhänger bedacht wurden“, sagte er sarkastisch.

Einige der Beteiligten gingen an die Öffentlichkeit, um ihr Gewissen zu erleichtern. Ákos Hadházy, Gemeinderat in Szekszárd, sagte dem Magazin HVG, dass er mit seinen Enthüllungen „Fidesz einen Dienst erweist“. Denn wenn diese Dinge nicht öffentlich würden, werde die Partei so enden wie zuvor die Sozialisten. Die haben sich bis heute nicht davon erholt, dass ihnen ein erschütterndes Maß an Vetternwirtschaft nachgewiesen wurde. Fidesz konnte deshalb 2010 eine Zweidrittelmehrheit erringen.