Gemeinschaft fordert aber Umsetzung des gefundenen Kompromisses vor weiteren Gesprächen

Luxemburg. Die EU-Kommission will die Einigung zwischen Serbien und Kosovo mit einer Annäherung der beiden Balkanstaaten an die Europäische Union belohnen. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und Erweiterungskommissar Stefan Füle forderten am Montag die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Serbien sowie Verhandlungen über ein Partnerschaftsabkommen mit Kosovo.

Lange Zeit waren die Nachrichten aus dem Kosovo vornehmlich schlecht gewesen: Streit, Terror und Blutvergießen dominierten die Schlagzeilen. Umso überraschender kam daher ein Durchbruch am Verhandlungstisch am vergangenen Freitag. Catherine Ashton, die EU-Beauftragte für Außenbeziehungen, hatte im zehnten Anlauf einen Kompromiss zwischen Belgrad und Pristina vermittelt, der zu einer Normalisierung der Beziehungen führen soll.

Das Abkommen hat die Autonomierechte der im Norden des Kosovo lebenden Serben zum Gegenstand. Die Einigung sieht vor, dass die kosovarische Regierung zwar die nominelle Autorität über den Norden hält. Dafür aber soll sich die dort lebende serbische Bevölkerungsmehrheit selbst verwalten dürfen und auch für die die polizeiliche Überwachung zuständig sein. Ohne die Frage der gegenseitigen Anerkennung direkt zu berühren, verpflichten sich Serbien und Kosovo in dem Kompromiss zudem darauf, sich gegenseitig nicht in ihren Bemühungen um eine EU-Mitgliedschaft zu behindern.

Belgrad habe bemerkenswerte Schritte hin zu einer sichtbaren und nachhaltigen Verbesserung der Beziehungen zum Kosovo unternommen, hieß es im Bericht der Kommission. Und auch Pristina wurde für sein Einlenken belohnt: EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle empfahl die Aufnahme von Verhandlungen mit dem Kosovo über eine Assoziierung. Dabei handelt es sich um ein völkerrechtliches Abkommen, das Pristina mit Rechten und Pflichten an die EU bindet, ohne dass es jedoch volles Mitglied wird.

Dabei ist mehr als unklar, wann solche Verhandlungen beginnen sollen. „Wir können die nächsten Schritte erst gehen, wenn beide Staaten das Abkommen auch wirklich umsetzen“, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) bei einem Treffen der 27 EU-Außenminister in Luxemburg. Man begrüße die „historische Vereinbarung“, so Westerwelle. Das Abkommen zwischen Serbien und dem Kosovo sei „nicht nur eine gute Nachricht für die betroffenen Menschen in den Ländern, das ist auch eine gute Nachricht für alle Europäer und ganz Europa“. Schon in wenigen Tagen, am 26. April, solle ein Zeitplan vorliegen, der die einzelnen Schritte auf dem Weg zur Normalisierung der Beziehungen skizziert.

Unterdessen scheint fraglich, inwiefern die Serben im Nordkosovo den Kurswechsel der Belgrader Regierung mittragen. Rund 10.000 serbische Nationalisten gingen in der Nacht zum Montag in der Stadt Mitrovica gegen das Abkommen auf die Straße. Dabei beschimpften sie serbische Regierungsvertreter in Sprechchören als Verräter. Für die Nationalisten gilt das Kosovo als Wiege des serbischen Staates, sie sind deshalb nicht bereit, dessen 2008 erklärte Unabhängigkeit anzuerkennen. Auch im Kosovo führte die Anerkennung des Kompromisses zu Verwerfungen. So hat sich zwar eine Mehrheit des Parlaments in Pristina für den Vorstoß ausgesprochen. Gleichzeitig aber musste die entsprechende Debatte mehrfach unterbrochen werden, weil Teile der Opposition eine Verständigung mit Serbien grundsätzlich ablehnen.