Der eigentlich unwillige Präsident Giorgio Napolitano ließ sich doch wiederwählen

Rom. Trotz seiner Abneigung gegen eine weitere Amtszeit ist der italienische Staatschef Giorgio Napolitano, 87, mit einer satten Mehrheit wiedergewählt worden und kann die schwere Regierungskrise angehen. Erst in der sechsten Runde der Präsidentenwahl angetreten, schaffte Napolitano auf Anhieb die überzeugende Mehrheit von 738 Stimmen der 1007 Parlamentarier. Nach zwei gescheiterten Kandidaten in den ersten Runden hatte er sich zur neuerlichen Kandidatur bereit erklärt.

Das Parlament wird seit den Wahlen Ende Februar durch ein Patt gelähmt. Dies aufzulösen ist Napolitanos dringendste Aufgabe. Nach seiner Vereidigung an diesem Montag ist mit ersten Konsultationen für eine Regierungsbildung zu rechnen. Italiens erster Staatschef mit einer zweiten Amtszeit wird getragen von einer breiten Mehrheit der Parteien. Auch der an einer Großen Koalition interessierte Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi setzt auf Napolitano. „Ich habe nicht gewonnen“, meinte er zu Einschätzungen seiner Gegner, die Wiederwahl Napolitanos sei positiv für das rechte Lager.

Der Populist und Ex-Komiker Beppe Grillo nannte die Wahl einen Staatsstreich und forderte Millionen Anhänger zum „Marsch auf Rom“ auf. Nach heftiger Kritik schwächte er seinen Vorwurf zu einem „ausgebufften kleinen Putsch“ ab. Er prophezeite, dass eine jetzt absehbare Regierung nicht funktionieren werde.

Der Chef der von der Spaltung bedrohten linken Demokratischen Partei (PD), Pier Luigi Bersani, trat zusammen mit der PD-Leitung zurück. Er zog damit die Konsequenzen aus der Tatsache, dass etwa 100 linke Parlamentarier Romano Prodi beim vierten Wahlgang für das Präsidentenamt die Stimme verweigert hatten. „Jeder Vierte unter uns hat Verrat geübt“, erklärte der gescheiterte Parteichef in Rom.