Bewegende Trauerfeier für die Opfer von Boston. Ermittler haben offenbar zwei Tatverdächtige auf Bildern von Überwachungskamera identifiziert

Boston/Hamburg. Drei Tage nach dem Bombenanschlag auf den Bostoner Marathonlauf hat die Ostküstenstadt mit einer Trauerfeier der Opfer gedacht. An dem Gottesdienst in der Heiligkreuz-Kathedrale nahmen Präsident Barack Obama und seine Frau Michelle teil. „Jeder Einzelne von uns steht an Ihrer Seite“, sagte Obama an die Bostoner Bürger gerichtet. „Der Anschlag auf Ihre geliebte Stadt hat uns alle getroffen.“

Seit dem Morgengrauen hatten sich vor der Kathedrale lange Schlangen gebildet. Die Hälfte der etwa 2000 Plätze in der Kirche sollten der Zeitung „Boston Globe“ zufolge an die Öffentlichkeit vergeben werden. An dem Gottesdienst nahmen auch der Gouverneur von Massachusetts, Deval Patrick, Anschlagsopfer und Angehörige sowie Rettungskräfte teil. Auch Mitt Romney, früherer Gouverneur von Massachusetts und Obamas Herausforderer bei der Präsidentschaftswahl vergangenen Herbst, kam zu der Gedenkveranstaltung.

Die Hintergründe des Anschlags waren am Donnerstag weiter unklar. Die Bundespolizei FBI machte aber offenbar Fortschritte bei den Ermittlungen. Mehrere US-Medien berichteten, dass die Polizei mithilfe von Aufnahmen von Überwachungskameras und anderen Videos zwei Männer ins Visier genommen habe. Beide Verdächtigen hätten nahe der Explosionsstellen eine schwarze Tasche getragen. Das FBI hatte Spuren gesichert, die darauf hindeuten, dass die Bomben vermutlich in schwarzen Nylontaschen oder Rucksäcken abgelegt wurden.

Der Fernsehsender CBS berichtete, dass einer der beiden Männer mit seinem Handy telefoniert habe, nachdem er seine Tasche abgelegt habe. Bei ihrer Fahndung setzten die Ermittler demnach auch auf Mobilfunkdaten. Der „Boston Globe“ meldete unterdessen, dass die Behörden die Fotos der Verdächtigen veröffentlichen wollen. Heimatschutzministerin Janet Napolitano bat die Bevölkerung um Mithilfe. „Wir brauchen die Hilfe der Öffentlichkeit, um diese Personen ausfindig zu machen“, sagte sie. Zugleich warnte Napolitano, die Männer „technisch gesehen als Verdächtige“ einzustufen.

Angesichts der schwierigen Ermittlungen zum Bombenanschlag auf den Bostoner Marathon bat Gouverneur Patrick um Geduld. „Ich würde alle darum bitten, der Polizei den Raum zu geben, um ihre Arbeit zu machen“, sagte er CNN. „Wenn sie ein komplettes Bild fertig haben, werden sie uns sagen, was dieses Bild ist.“

Patrick spielte damit auch auf falsche Medienberichte vom Mittwoch an, wonach die Bundespolizei FBI einen Verdächtigen bereits festgenommen habe. Die Behörden dementierten dies vehement. „Ich wünschte, sie hätten den Täter Minuten nach dieser Katastrophe gefasst, aber ich weiß aus Erfahrung, dass es etwas Zeit in Anspruch nimmt“, sagte der Gouverneur zu den Ermittlungen. Die Polizei komme der Auflösung des Falles aber „jede Stunde“ etwas näher.

Die Polizei hat mehr als 1000 Ermittler aus 30 Bundesstaaten zusammengezogen, um Spuren auszuwerten. Dazu zählen nicht nur die Überreste der Bomben, sondern auch all die Fotos und Videos, die während des Marathonlaufs entstanden. Die Bundespolizei FBI rief die Bürger dazu auf, jegliche Bilder, Filme und Beobachtungen zur Verfügung zu stellen. „Kein Detail ist zu klein“, heißt es dazu auf der Website der Fahnder.

In Washington steigt die Angst vor neuen Briefen mit dem Gift Rizin

Im Gedenken an die Opfer von Boston sollen die Teilnehmer des London-Marathons an diesem Sonntag schwarze Armbinden tragen. Außerdem werde man vor Beginn des Laufs eine Schweigeminute einlegen, sagte die britische Kultur-Staatssekretärin Maria Miller am Donnerstag. Sie betonte erneut, dass die Sicherheit der Teilnehmer und Zuschauer nicht in Gefahr sei. Auch in Hamburg findet am Sonntag der Marathon statt. Die Veranstalter rufen die Teilnehmer auf, an die Opfer in Boston zu denken. „Aus Respekt vor dem Schicksal der Opfer und deren Angehörigen werden wir zunächst ein Armband in den Veranstaltungsfarben des Boston Marathons auflegen“, heißt es in einer Mitteilung. „Dieses erhalten alle Teilnehmer bei Abholung ihrer Startunterlagen gratis dazu und können es am Sonntag freiwillig tragen.“

Bei der Explosion der Bomben in Boston waren ein achtjähriger Junge, eine 29 Jahre alte Amerikanerin und eine Studentin aus China getötet worden. Mehr als 170 Menschen wurden verletzt, vielen mussten Gliedmaßen amputiert werden. Aus den Krankenhäusern der Stadt verlautete, es würden wohl alle Verletzten überleben. Bei vielen von ihnen könnte die Genesung aber viele Jahre dauern.

Eine der verwendeten Bomben bestand aus einem Schnellkochtopf, der mit einem Zünder versehen war und neben Schwarzpulver auch Nägel und Metallteile enthielt. Teile des Topfdeckels wurden CNN zufolge auf einem Hausdach in der Nähe der Ziellinie gefunden. Ob auch die zweite Bombe aus einem Schnellkochtopf gebaut war, sei noch unklar. Beide Sprengsätze wurden nach FBI-Angaben vermutlich in schwarzen Nylontaschen zum Tatort gebracht.

Im Zusammenhang mit den an US-Präsident Barack Obama und einen Senator verschickten Giftbriefen hat es eine Festnahme gegeben. Das teilte die US-Bundespolizei FBI mit. Die verdächtige Person sei den Ermittlern im US-Bundesstaat Mississippi ins Netz gegangen, berichtete der Sender CNN unter Berufung auf eine Mitteilung des Justizministeriums. Er soll die Briefe an Obama und den republikanischen Senator Roger Wicker sowie ein weiteres Schreiben an einen Vertreter der Justizbehörde in Mississippi verschickt haben.

Die Briefe waren ersten Tests zufolge mit dem tödlichen Gift Rizin präpariert. Das Schreiben an Senator Roger Wicker war bereits am Dienstag in einer Poststelle des US-Kongresses im Bundesstaat Maryland entdeckt worden. Am Mittwoch teilte das FBI mit, dass auch ein an Obama adressierter Brief positiv auf das Gift getestet wurde.

Den Berichten zufolge wurde der Verdächtige in seiner Wohnung in Corinth festgenommen. Die Stadt liegt in der Nähe von Tupelo, dem Heimatort von Senator Wicker. CNN zufolge war der Mann bereits seit Längerem im Visier der Sicherheitsbehörden, da er bereits mehrfach Briefe an Wicker geschrieben habe. Nach Angaben von US-Sendern wurde in Washington ein „verdächtiges Paket“ im Senat entdeckt. Mehrere Büros seien geräumt worden. Hinweise auf einen Zusammenhang mit Boston gab es jedoch nicht.