Europa will, dass der „Retter Italiens“ wieder antritt. Laute Unterstützung könnte aber zum Bumerang werden. Berlusconi steht in der Ecke.

Rom. „Alle für einen: Monti.“ Schon im Gratisblättchen können die Römer am Morgen in der Metro lesen, wie stark sich in Europa die führenden Politiker für ihren abtretenden Regierungschef Mario Monti (69) machen.

Gefeiert bei einem Treffen der Europäischen Volkspartei vor dem Brüsseler EU-Gipfel, während Silvio Berlusconi an den Rand gedrängt wurde: Europa will, dass der Wirtschaftsprofessor aus dem norditalienischen Varese wieder antritt. Allein schon, um eine Barriere gegen den so wenig geschätzten Berlusconi zu bilden. Doch Monti hält sich bedeckt, überlegt noch, schließt nichts aus.

In Italien kommt dieser nahezu unisono vorgetragene europäische Pro-Monti-Chor aber nicht nur gut an – vor allem vor dem Hintergrund der im Februar anstehenden Parlamentswahlen. Sicher, man ist stolz darauf, dass mit dem parteilosen Ex-EU-Kommissar und mit EZB-Chef Draghi gegenwärtig gleich zwei „Super-Marios“ auf der europäischen Bühne präsent sind. Und es ist eine Ehre, dass die konservativen Parteien in Brüssel Monti eingeladen haben, während doch eigentlich Berlusconi mit seiner Partei PdL (Volk der Freiheit) zu diesem Kreis gehört. Es gebe jedoch ein „Pressing“ Europas auf Monti, den Druck also, nun zu kandidieren.

Ungewöhnliche Dinge dürften damit die kommenden Wahlkampfwochen in Italien prägen: „Man wird noch nie eine so explizite Einmischung (nennen wir die Dinge beim Namen) von außen in das italienische Votum gesehen haben“, moniert die liberale Turiner „La Stampa“. Und spricht von der Gefahr einer „exzessiven Unterstützung“ Montis. Dazu kommt Silvio Berlusconi, der nun auch auf Monti zu setzen scheint – auf den Regierungschef also, dem er gerade die Rückendeckung entzogen hat und den er so zum Rücktritt zwingt. „Er ist mein Kandidat“, sagt Berlusconi, der auch nicht anders kann, als in den Monti-Werbechor einzustimmen.

„Das europäische Konzert für Mario Monti ist so geschlossen und donnernd, dass es ein wenig plump erscheint“, mäkelt am Freitag auch der rechtsliberale Mailänder „Corriere della Sera“: „Es ist so, als wollten einige europäische Regierungen, allen voran das Deutschland der Kanzlerin Angela Merkel, sich als „Wahlmänner“ des italienischen Ministerpräsidenten für den Regierungspalast Chigi akkreditieren.“

Doch das könnte für Monti riskant sein. Denn Merkels Hilfestellung im französischen Wahlkampf um den Élyséepalast hatte dem Amtsinhaber Nicolas Sarkozy in diesem Jahr nicht unbedingt Punkte eingebracht.

„Ist es richtig, dass andere für uns entscheiden?“ Ob Italiens Souveränität jetzt überrollt wird, das lassen Medien des Landes bereits in Diskussionsforen erörtern. Europas Wertschätzung für den Nachfolger Berlusconis im Palazzo Chigi ist die eine Sache, das tut den Italienern gut. Immer sehr sensibel, wenn es um ihr Image geht, könnten sie aber eine Einmischung zum Bumerang machen.

Entscheidend kann sein, welche Rolle der in die Ecke gestellte Berlusconi spielt. Wobei allzu drastische Spitzen aus dem Ausland gegen den dreifachen Premierminister anti-europäische Ressentiments im Land nur stärkten.

Derweil sorgt der „Cavaliere“ für Konfusion. Tritt er nun an, wer wird Spitzenkandidat des in Auflösung begriffenen rechten Lagers? In Monti scheint der Medienzar und Milliardär zumindest hin und wieder den Mann zu sehen, der einen Wahlsieg der Linken im Februar doch noch verhindern könnte. Denn mit oder ohne Monti als Kandidaten: Das linke Bündnis des Pier Luigi Bersani hat nach den Umfragen die Nase vorn.