Israel und die Hamas begleiten ihre Aktionen mit Kampagnen in sozialen Netzwerken

Jerusalem/Berlin. Israel und die Hamas begleiten die Kämpfe im Gazastreifen mit einer bisher ungekannten Offensive im Internet. Über soziale Netzwerke berichten sie praktisch in Echtzeit über Raketenangriffe und Opferzahlen und ringen so um die öffentliche Meinung. Die israelischen Streitkräfte verkündeten die Offensive gar über das eigene Profil auf dem digitalen Kurznachrichtendienst Twitter. Man werde "eine groß angelegte Offensive" im Gazastreifen starten, hieß es dort.

Eine weitere Twitternachricht empfahl allen Hamas-Führern, "ihre Gesichter in den nächsten Tagen nicht bei Tageslicht zu zeigen". Die direkte Antwort der Hamas folgte prompt. "Unsere gesegneten Hände werden eure Anführer und Soldaten greifen, egal wo sie sind. Ihr habt die Tore der Hölle selbst aufgestoßen", hieß es von einem Profil unter dem Namen Al-Qassam-Brigade, das als offizielle Twitterpräsenz des militärischen Flügels der Hamas gilt.

Twitter habe sich seit dem letzten Krieg vor vier Jahren zu "einer zusätzlichen Kriegszone" entwickelt, sagte eine Sprecherin des israelischen Militärs. Über die sozialen Netzwerke könne Israel Informationen an den Medien vorbei direkt ins Netz geben. Seit zwei Monaten unterhält die Armee eine eigene Abteilung für interaktive Medien mit 30 Soldaten.

Der erbitterte Streit im Internet beschränkt sich nicht auf Twitter. Die Hamas unterhält eine Facebook-Seite und eine mehrsprachige Website. Die israelische Armee verfügt über Profile auf Facebook, dem Fotodienst Flickr und der Videoplattform YouTube. Die dortigen Einträge wie Bilder oder Videos sind darauf ausgelegt, dass andere Menschen sie aufgreifen und weiterverbreiten. Ein Bild des getöteten Hamas-Militärchefs Ahmed Dschabari mit dem aufgestempelten Wort "ausgeschaltet" auf der Facebook-Seite der Armee wurde fast 7000-mal weitergegeben, doch stieß auch auf Kritik.

Beide Seiten betreiben im Internet eine fortwährende Bestandsaufnahme der Offensive, zählen Raketeneinschläge und Luftangriffe, verbreiten grausige Fotos verletzter oder getöteter Kinder. Ein Video des israelischen Militärs, das den tödlichen Angriff auf Dschabari zeigt, wurde von Googles Videoplattform YouTube am Donnerstag kurzzeitig entfernt. Das schwarz-weiße Video zeigte ein fahrendes Auto, das kurz darauf in einem Feuerball explodiert. Google-Sprecherin Mounira Latrache sagte, dass "alles, was gewaltverherrlichend oder verletzend ist", gegen die Richtlinien von YouTube verstoße.

Wenn YouTube auf solche Inhalte aufmerksam gemacht werde, würden sie geprüft und gegebenenfalls entfernt. Später revidierte Google die Entscheidung. Aufgrund der Menge an Material treffe man manchmal Fehlentscheidungen. Das Video wurde bisher fast 1,4 Millionen Mal angesehen.

Mit der Präsenz auf allen Kanälen versuchen Israel und die Hamas, die Öffentlichkeit auf ihre Seite zu ziehen. Sie verstünden, "dass man solche Konflikte über die öffentliche Meinung gewinnt", sagte Tamir Sheafer, der an der Hebräischen Universität Jerusalem lehrt. Gleichzeitig berge das aggressive Werben im sozialen Netz Stolperfallen, sagte Natan Sachs, ein Experte der Washingtoner Brookings Institution. Andere Nutzer könnten direkt auf die Nachrichten reagieren, teilweise mit sarkastischen Bemerkungen.

"Sie könnten sich in Bezug auf ihre PR in falscher Sicherheit wiegen", sagte Sachs mit Blick auf die israelische Armee. "Am Ende des Tages zählen ihre politischen Entscheidungen und nicht ihre Twitternachrichten."