US-Präsident Barack Obama muss sein Kabinett neu besetzen. Susan Rice soll Außenministerin werden

Washington/Hamburg. US-Präsident Barack Obama, 51, hat die zweite Amtszeit sicher. Doch in seinem Kabinett werden Stellen frei. Einige seiner wichtigsten Leute haben bereits vor der Wahl angekündigt, dass sie ihm nicht mehr zur Seite stehen werden. Der Präsident wird einigen neuen Gesichtern in der morgendlichen Briefing-Runde gegenübersitzen. "Die meisten wiedergewählten US-Präsidenten haben ihr Kabinett bis zur Amtseinführung neu aufgestellt. Es sieht so aus, als würde auch Obama die Regierung zur Hälfte austauschen", spekuliert der Korrespondent der "New York Times" für das Weiße Haus, Peter Baker.

Natürlich ist es ein Traumjob, dem mächtigsten Mann der Erde tagtäglich mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Doch diese Aufgabe geht bei vielen Ministern und Beratern an die Substanz. Scheinbar endlose Arbeitstage und der Dauerstress fordern ihren Tribut. Nur die wenigsten haben dafür die Ausdauer, schrieb das Politikmagazin "National Journal" noch im Wahlkampffinale.

Bereits vor dem 6. November hatten Außenministerin Hillary Clinton, 65, und Finanzminister Timothy Geithner, 51, angekündigt, aus dem engsten Machtzirkel auszuscheiden. Für politische Beobachter ist es ein Problem, dass Obama bislang wenig über seine Pläne für die zweite Amtszeit verlauten ließ. Will er vorrangig das Defizit abbauen, das Steuersystem modernisieren oder aber zuerst die Einwanderungsreform durchbringen? Jedes Vorhaben hängt an mühseligen Kompromissen mit den Republikanern. Deshalb ist auch unklar, wen er an seine Seite holt.

"Wenn neben den Problemen der Steuerpolitik eine umfassende Einwanderungsreform auf der To-do-Liste steht, braucht das Team im Weißen Haus auf jeden Fall Leute, die effektiv mit dem Kongress verhandeln können", sagte die Politologin Martha Joynt Kumar von der Towson University im US-Staat Maryland dem "National Journal". Als Nachfolger für den scheidenden Finanzminister Geithner werden Obamas Stabschef Jack Lew, 57, oder Erskine Bowles, 67, genannt. Bowles hatte die Verhandlungen mit den Republikanern über Maßnahmen zur Schuldenverringerung geleitet.

Auch der Notenbankchef Ben Bernanke, 58, könnte nach aufreibenden Jahren in der Finanzkrise als Professor zur renommierten Princeton-Universität zurückkehren. Seine zweite Amtszeit läuft in gut einem Jahr aus.

Lange Zeit war in Washington darüber spekuliert worden, ob Hillary Clinton es 2016 noch einmal versucht, als Präsidentschaftskandidatin für die Demokraten anzutreten. Doch die Ehefrau von Ex-Präsident Bill Clinton hat erkennen lassen, dass sie den Abschied von der großen Bühne sucht. Als Nachfolger werden ein früherer Präsidentschaftskandidat und eine äußerst smarte Top-Diplomatin gehandelt. An beiden haftet ein Makel.

Senator John Kerry, 68, gilt als demokratisches Schwergewicht, wenngleich er als Herausforderer bei der Wahl 2004 dem republikanischen Präsidenten George W. Bush unterlag. Der Vorsitzende des außenpolitischen Senatsausschusses war im Wahlkampf Obamas Trainingspartner für die großen Rededuelle. Dass Obama in der ersten Debatte so enttäuschte, führt mancher auf eine schlechte Vorbereitung durch Kerry zurück.

Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Susan Rice, 47, gilt als ausgebuffte Diplomatin mit gutem Draht zu Obama. Nach der Ermordung des US-Botschafters vor zwei Monaten in Libyen geriet Rice jedoch in die Kritik, weil sie angeblich die Öffentlichkeit über die Hintergründe des Anschlags in Bengasi falsch informiert habe.

Als Kandidat für den Ruhestand wird auch Verteidigungsminister Leon Panetta gehandelt. Der 74-Jährige wechselte erst im Vorjahr vom Chefsessel des Geheimdienstes CIA ins Pentagon. "Panetta fliegt fast jedes Wochenende zur Familie nach Kalifornien", sagt der Journalist Peter Baker. Er frage sich, wie lange sich der amtsmüde Panetta das noch antun werde - zumal als Folge des Finanzstreits eine drastische Kürzung des Militärbudgets droht.

Derweil bleibt Obama Hoffnungsträger für die Afroamerikaner. Trotz vieler Enttäuschungen haben 93 Prozent der Schwarzen für ihn gestimmt. Nun ist Obama in der Bringschuld.

Kurz nach Obamas Vereidigung 2009 durfte der fünfjährige Jacob Philadelphia mit seinem Vater, einem Kriegsveteranen, zu einem Besuch ins Oval Office, das Büro des Präsidenten. Obama gestattete ihm eine Frage. Kaum hörbar sprach es Jacob aus: "Ich möchte wissen, ob sich deine Haare so anfühlen wie meine?" Obama beugte sein Haupt und forderte den Kleinen auf: "Warum berührst du es nicht einfach und findest es selbst heraus?" Der Junge war beruhigt: "Ja, es fühlt sich genauso an."

Millionen schwarze US-Bürger erkennen sich in ihrem Präsidenten wieder. Doch der Rassismus ist noch nicht Geschichte. Der Aktivist Mark Potoc vom renommierten Southern Poverty Law Center schildert in seinem Blog, wie kurz nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses in der Stadt Ole im Bundesstaat Mississippi Hunderte Weiße auf die Straße gegangen seien, um rassistische Parolen zu rufen und Steine zu werfen. Nur ein Vorfall von Hunderten, die sich seit Obamas erstem Amtstag immer mehr häuften, so Potok.

Im Jahr 2050 sollen die USA ihre weiße Mehrheit verloren haben. Das mache vielen Weißen Angst. "Auch mit einem Afroamerikaner im höchsten Amt des Landes sind zweimal so viele Schwarze wie Weiße arbeitslos", klagte die Bürgerrechtsorganisation National Urban League.

Fünfzig Jahre nach Beginn der Bürgerrechtsbewegung leben dreimal so viele Afroamerikaner in Armut wie Weiße. Schwarze besetzen drei Prozent der Spitzenpositionen in Wirtschaft und Politik, 13 Prozent der Bevölkerung - und fast die Hälfte aller Gefängnisinsassen. Bis heute hat Obamas Strategie wenig gefruchtet, armen Amerikanern dieselben Bildungschancen zu geben wie der Mittelschicht.