Hat er sich beim Kranichflug eine Verletzung zugezogen? Oder nur beim Sporttraining einen Muskel gezerrt? Putins Verhalten gibt Rätsel auf.

Moskau. Seit seinem 60. Geburtstag Anfang Oktober hat der russische Präsident Wladimir Putin selten seine Residenz in einem Moskauer Vorort verlassen, hat Reisen nach Bulgarien, der Türkei und Indien abgesagt. Am Donnerstag berichtete die Zeitung „Wedemosti“, bei Putin sei bei einem Gleitschirmflug mit den Kranichen Anfang September eine alte Verletzung aufgebrochen. Putins Sprecher Dmitri Peskow dementierte: Der viel Sport treibende Präsident habe sich beim Training einen Muskel gezerrt – mehr nicht.

Auch für Putins rar gewordene Besuche im Kreml hatte Peskow eine merkwürdige Erklärung: Der Präsident wolle nicht den ohnehin zähen Moskauer Verkehrsfluss mit seiner Fahrzeugkolonne zusätzlich verlangsamen. Für die Fahrten von der Residenz zum Kreml werden immer zahlreiche Straßen gesperrt, was viele dann im Stau steckende Autofahrer mit wütendem Hupen begleiten. In seinen bisherigen zwölf Jahren an der Macht hatte das Putin wenig gestört.

Während Peskow von einer Alltagsverletzung für einen aktiven Sportler sprach, sammelten Beobachter Indizien dafür, dass es doch Probleme bei Putins als Publicity-Aktion inszenierten Kranichflug gegeben haben könnte. Der Flug fand unmittelbar vor einem Gipfel in Wladiwostok statt, und beim Empfang der Staatsgäste sah Putin unwohl aus und vermied es, länger zu stehen. „Wirklich, er hat sich einen Muskel gezerrt“, beharrte Peskow laut einer Meldung der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. „Wir haben das überhaupt nie versucht zu vertuschen, weil jeder Athlet viele Verletzungen hat, die aber keinerlei Einschränkungen für seine Aktivitäten bedeuten.“

Im russischen Fernsehen ist Putin trotz der abgesagten Reisen fast täglich zu sehen. Meist sitzt er mit Regierungsvertretern am Tisch.

In der Sowjetunion war die oft beträchtlich angeschlagene Gesundheit von greisen Staats- und Parteichefs von Leonid Breschnew über Juri Andropow bis Konstantin Tschernenko ein Staatsgeheimnis. Auch über Putins Vorgänger Boris Jelzin gab es zuletzt Spekulationen. Während viele Bürger sein oft bizarres Verhalten auf Alkohol zurückführten, hieß es offiziell, es handele sich um Nebenwirkungen von starken Herzmedikamenten.