Nach dem Prozess gegen den Kammerdiener des Papstes muss sich nun ein weiterer Beteiligter im Vatileaks-Skandal vor Gericht verantworten.

Vatikanstadt. Die vatikanische Justiz ermittelt weiter gegen mögliche Komplizen oder Hintermänner im Fall „Vatileaks“. Obwohl bislang keine Beweise für Mittäter des Papst-Butlers Paolo Gabriele vorlägen, würden die Untersuchungen fortgesetzt, teilte der Vatikan am Dienstag mit. Der Kammerdiener war am 6. Oktober nach einem einwöchigen Prozess wegen Diebstahls zu 18 Monaten Haft und zur Übernahme der Prozesskosten verurteilt worden. Sein Verhalten habe der Person des Papstes, den Rechten des Heiligen Stuhls, der Kirche und des Vatikanstaates Schaden zugefügt, heißt es in der am Dienstag veröffentlichten Urteilsbegründung.

Gabriele hatte gestanden, vertrauliche Unterlagen Benedikts XVI. entwendet, fotokopiert und an den italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi übergeben zu haben. Dieser hatte sie anschließend veröffentlicht. Gabriele bestritt indessen die Existenz von Mittätern oder Hintermännern.

Vatikansprecher Federico Lombardi sagte, falls Gabriele seine Haftstrafe antreten müsse, dann nicht in einem italienischen, sondern in einem vatikanischen Gefängnis. Eine Begnadigung durch den Papst sei aber „möglich“ und „wahrscheinlich“. Wann und unter welchen Umständen dies geschehen könne, sei aber noch nicht absehbar. Die Prozesskosten, die Gabriele tragen muss, betragen laut Lombardi etwa 1.000 Euro. Der Vatikansprecher konnte keine Angaben darüber machen, ob Gabriele sein Gehalt weiter bezieht und ob ihm der Verlust der vatikanischen Staatsbürgerschaft droht.

Der frühere Kammerdiener befindet sich gegenwärtig in seiner Wohnung im Vatikan unter Hausarrest. Bis 40 Tage nach Urteilsverkündigung läuft noch eine Einspruchsfrist für den Staatsanwalt am vatikanischen Berufungsgericht. Gabriele selbst hatte drei Tage Zeit, das Urteil anzufechten; von dieser Möglichkeit machte er keinen Gebrauch.

In der Urteilbegründung betont das Vatikangericht, dass der ehemalige Kammerdiener voll schuldfähig sei. Allerdings habe das Gericht den Antrag des Staatsanwaltes auf einen dauerhaften Ausschluss Gabrieles von verantwortungsvollen Positionen im Vatikan abgelehnt. Das Strafmaß sei zu gering, um ein solches Arbeitsverbot zu rechtfertigen.

Aus der Urteilsbegründung geht zudem hervor, dass das Gericht einen Antrag der Verteidigung ablehnte, die Kardinäle Ivan Dias und Georges Marie Martin Cottier vorzuladen. Dies hätte die Kompetenzen des Gerichts überstiegen, heißt es. Dias war bis Mai 2011 Präfekt der vatikanischen Missionskongregation, Cottier war von 1990 bis Dezember 2005 päpstlicher Haustheologe. Beide waren von der Kardinalskommission befragt worden, die der Papst zur Untersuchung der Affäre eingesetzt hatte.

Am 5. November soll nach Angaben Lombardis im Vatikan das Verfahren gegen den Computertechniker Claudio Sciarpelletti beginnen. Sciarpelletti, Beschäftigter im vatikanischen Staatssekretariat, ist wegen Beihilfe zum Diebstahl angeklagt. Das Vatikangericht hatte seinen Prozess auf Antrag der Verteidigung von Gabrieles Verfahren abgetrennt.