Vor dem Machtwechsel in China will der Außenminister den politischen Puls fühlen. Kritische Themen werden dabei nicht ausgespart.

Peking. Außenminister Guido Westerwelle ist am Donnerstag zu einem dreitägigem Besuch in China eingetroffen. Im Mittelpunkt seiner Visite stehen der Ausbau der „strategischen Partnerschaft“ zwischen Berlin und Peking, die Feiern zum 40. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen sowie internationale Krisen wie in Syrien und die Atomstreitigkeiten mit dem Iran und Nordkorea.

„Mit Sorge“ betrachtet die Bundesregierung auch den neu entflammten Streit zwischen China und Japan um unbewohnte Inseln im Ostchinesischen Meer. Die Spannungen belasten das Verhältnis zwischen den beiden asiatischen Nachbarn schwer. Beim Jahrestreffen des Internationalen Währungsfonds in Tokio boykottiert China den Gastgeber Japan, indem der chinesische Zentralbankchef, Finanzminister und Bankenchefs aus Peking dem Treffen fernbleiben.

Westerwelle hat China und Japan aufgefordert, ihren Insel-Streit friedlich beizulegen. „Wir Deutsche begrüßen alle Schritte, die dazu führen, offene Fragen besonnen und in gegenseitigem Einvernehmen zu lösen“, sagte Westerwelle am Donnerstag nach einem Gespräch mit Außenminister Yang Jiechi.

Im Vorfeld der Verkündung des diesjährigen Friedensnobelpreises am Freitag will Westerwelle bei seinen Gesprächen in Peking auch offen die Menschenrechtslage in China ansprechen, wie Regierungskreise sagten. So sitzt der chinesische Preisträger von 2010, der Bürgerrechtler Liu Xiaobo, weiter in Haft. Auch wird seine Frau Liu Xia seit zwei Jahren wie eine Gefangene in ihrer Wohnung in Peking unter Hausarrest gehalten.

„Beide stehen immer ganz oben auf den Listen mit Namen von Bürgerrechtlern, für die wir uns einsetzen“, sagte ein europäischer Diplomat. Auf dem Programm von Westerwelle in Peking steht neben dem Treffen mit Außenminister Yang Jiechi auch ein Gespräch mit Vize-Regierungschef Li Keqiang, der als wahrscheinlicher neuer Ministerpräsident gilt. Die Reise findet vier Wochen vor dem Parteitag statt, mit dem Chinas Kommunisten im November einen Generationswechsel vollziehen wollen.

Nach den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen mit Kanzlerin Angela Merkel am 30. August in Peking ist es schon der zweite Besuch von Westerwelle innerhalb von nur sechs Wochen in Peking. Vor dem geplanten Machtwechsel von Staats- und Parteichef Hu Jintao zu Xi Jinping, dem heutigen Vizepräsidenten, dient der Besuch auch dazu, „den politischen Puls zu fühlen“, wie es hieß.

China ist aus Sicht Westerwelles zu einer „prägenden Gestaltungsmacht des 21. Jahrhunderts“ aufgestiegen. Die zweitgrößte Wirtschaftsnation müsse in die immer stärker globalisierte Weltordnung eingebunden werden. „China ist heute einer unserer wichtigsten Partner in Asien“, sagte ein deutscher Außenamtssprecher. „Deutschland und China verbinden 40 Jahre intensiver und zunehmend enger diplomatischer Beziehungen.“