Moskau. Ein Mitglied der russischen Punkband Pussy Riot kommt auf Bewährung frei, die beiden anderen müssen zwei Jahre Lagerhaft absitzen. Das gestern ergangene Urteil im Moskauer Berufungsverfahren sieht vor, dass Jekaterina Samuzewitsch entlassen wird, während Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Aljochina ihre Strafe antreten müssen. Die drei Musikerinnen hatten im Februar mit einem "Punk-Gebet" in der russisch-orthodoxen Hauptkirche in Moskau gegen Wladimir Putin demonstriert, der damals für das Präsidentenamt kandidierte. Ihr Protest richtete sich auch gegen die Verquickung von Kirche und Politik in Russland. Im August waren die Bandmitglieder wegen Rowdytums aus religiösem Hass zu je zwei Jahren Zwangslager verurteilt worden. Das Urteil sorgte international für Empörung.

Am Morgen hatten die Aktivistinnen und die Vertreter von Anklage und Verteidigung vor Gericht noch einmal ihre Positionen dargelegt. Die Anwälte der drei Frauen erklärten, diese hätten die Gefühle der Gläubigen nicht verletzen wollen. Sie forderten die Annullierung des Urteils. Die verurteilten Frauen nutzten ihre Ansprachen zum Teil für politische Aussagen. So rief Tolokonnikowa aus: "Wir gehen für zwei Jahre ins Lager, und hier beginnt ein Bürgerkrieg! Putin tut alles, damit es so weit kommt."

Die Entlassung von Samuzewitsch auf Bewährung kommt nicht überraschend. Ihre Anwältin konnte darlegen, dass ihre Mandantin nicht an dem "Punk-Gebet" teilgenommen hat. Sie habe es nicht einmal geschafft, ihre Gitarre auszupacken, als die Wachleute sie schon ergriffen hatten. An dem, was später als "Rowdytum" eingestuft wurde, sei sie also nicht beteiligt gewesen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Musikerinnen als politische Gefangene anerkannt. Die russische Gesellschaft ist bei allgemeiner Ablehnung politischer Proteste in Kirchen Umfragen zufolge tief gespalten in Gegner und Befürworter einer harten Strafe.