Deutscher Ökonom leitet den Fonds. Merkel will bei Athen-Besuch keine neuen Hilfen zusagen

Brüssel/Hamburg. Einen Tag vor dem mit Spannung erwarteten Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Athen ist der neue Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) offiziell gegründet worden. Die 17 Finanzminister der Euro-Staaten haben den ESM mit 700 Milliarden Euro Stammkapital ausgestattet. Mit bis zu 500 Milliarden Euro soll der Fonds Krisenstaaten vor der Pleite schützen. Als erstes Land könnte Spanien den ESM anzapfen, 100 Milliarden Euro für den Bankensektor sind in Aussicht gestellt.

EU-Kommissionschef José Manuel Barroso nannte diese "Brandmauer" gegen den Flächenbrand der Euro-Krise ein "sehr wichtiges Instrument, das nur mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vergleichbar ist". Der Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht in der Gründung, die wegen der Zustimmung des Bundesverfassungsgerichts drei Monate später kam als geplant, ein stabilisierendes Signal für die Märkte. "Wir sind berechenbar, wir sind verlässlich, und irgendwann werden es die Finanzmärkte auch begreifen." Das Bundesverfassungsgericht billigte den Euro-Rettungsschirm unter der Auflage, dass die deutsche Haftung auf maximal 190 Milliarden Euro begrenzt bleibt.

Chef des ESM wird der in Lübeck geborene Ökonom Klaus Regling, 62, der schon den befristeten Schirm EFSF leitete. Regling hatte in verschiedenen Positionen im Bundesfinanzministerium und in Brüssel die Euro-Staaten aufgefordert, die Defizitgrenze von drei Prozent einzuhalten. Dabei hatte er sich auch den Zorn des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) zugezogen, der im Jahr 2002 das Spargebot und die Dreiprozentgrenze für Deutschland aufweichte. Reglings Strenge war als Fingerzeig an alle Euro-Regierungen zu verstehen, die Staatsdefizite nicht allzu hoch ausufern zu lassen. Das ist heute in Vergessenheit geraten, da in den Krisenstaaten die Finanzen aus dem Ruder gelaufen sind.

Von den griechischen Reformen will sich heute Kanzlerin Merkel ein eigenes Bild machen. Dabei hat die Bundesregierung Athens Hoffnungen auf rasche Zugeständnisse beim Sparprogramm gedämpft. Von Merkel seien keine "Mitbringsel" oder weitere Hilfszusagen zu erwarten, hieß es in Berlin. Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, Grundlage für alle Entscheidungen sei der noch ausstehende Bericht der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). Mit dem Besuch greife Merkel in keiner Weise dem Troika-Bericht vor.

Neben Gesprächen mit Ministerpräsident Antonis Samaras ist auch ein Treffen mit dem Staatspräsidenten Karolos Papoulias geplant. Zudem stehen Gespräche mit griechischen und deutschen Unternehmern auf dem Programm. Merkel reist erstmals seit Ausbruch der Euro-Schuldenkrise zu einem offiziellen Staatsbesuch nach Griechenland. Die linke Opposition und Gewerkschaften riefen zu Protesten auf.

Die CSU pocht trotz des Widerstands aus der CDU weiter darauf, künftig Volksabstimmungen über Finanzhilfen für Schuldenstaaten zu ermöglichen. Der CSU-Vorstand stimmte einhellig einem entsprechenden Leitantrag zu, wie Parteichef Horst Seehofer mitteilte. Er kündigte an, die CSU werde dieses Ziel "mit allem Nachdruck" weiterverfolgen.