Allein in Athen machten mehr als 50 000 Menschen ihrer Wut über die Sparprogramme Luft

Athen. Hunderttausende haben gestern in Griechenland mit einem Generalstreik gegen die Sparpolitik das öffentliche Leben lahmgelegt. Am Rande der Demonstrationen in Athen kam es zu Ausschreitungen. Dort gingen nach Angaben der Gewerkschaften mehr als 100 000 Menschen friedlich auf die Straßen. Die Polizei schätzte 50 000 Teilnehmer. Nach den Angaben wurden 20 Beamte leicht verletzt. Polizisten haben mehr als 100 Personen vorübergehend festgenommen. Acht blieben in Haft.

Im Ausstand waren Lehrer, die Staatsbediensteten und auch die Seeleute. Keine Fähre lief aus dem Haupthafen des Landes in Piräus aus. Sogar Priester gingen auf die Straße vor dem Parlament in Athen. Im Flugverkehr kam es zu Verspätungen wegen einer dreistündigen Arbeitsniederlegung der Fluglotsen. Ärzte behandelten nur Notfälle, Apotheken blieben geschlossen. Auch die Journalisten legten vier Stunden die Arbeit nieder. Zwischen 11 und 15 Uhr gab es nur Nachrichten über die Streikbewegungen und die Demonstrationen. Viele Geschäfte und Banken im Zentrum Athens waren geschlossen. Die Händler protestierten gegen den "Einbruch des Konsums als Folge der Rotstiftpolitik".

Die Streiks sind die massivsten seit Februar. Zu den Aktionen aufgerufen hatten die Gewerkschaftsdachverbände des privaten und des staatlichen Bereichs. Nach eigenen Angaben vertreten sie zusammen mehr als drei Millionen Arbeitnehmer. Demonstrationen gab es auch in Thessaloniki, auf Kreta und zahlreichen Städten Mittelgriechenlands. Die Gewerkschaften rechnen mit weiteren Kürzungen von Löhnen und Renten zwischen sechs und 20 Prozent. Die Arbeitnehmer haben nach Angaben der Gewerkschaften bereits etwa 30 Prozent ihres Einkommens verloren.

Ungeachtet der Proteste will die Regierung das Reformtempo erhöhen. Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras und sein Finanzminister Ioannis Stournaras einigten sich am Dienstagabend auf ein rund 11,88 Milliarden Euro schweres Sparprogramm. Zudem sollen weitere zwei Milliarden Euro durch neue Steuern in die Staatskasse fließen. Das Sparprogramm muss nun bei einem neuen Treffen mit den Koalitionspartnern, dem Sozialisten Evangelos Venizelos und dem Chef der Demokratischen Linken, Fotis Kouvelis, gebilligt werden. "Wahrscheinlich am Donnerstag", sagte ein Mitarbeiter des Finanzministers.

Nur wenn Athen die weiteren Sparauflagen erfüllt, die von der Geldgeber-Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF), EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) geprüft werden, kann die Regierung mit einer weiteren Finanztranche von 31,5 Milliarden Euro rechnen. Andernfalls steht Griechenland vor dem Staatsbankrott.