Liberaler Rutte bleibt voraussichtlich Regierungschef. Rechtspopulist Wilders ist der große Verlierer

Den Haag. Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in den Niederlanden haben die Bürger die europafreundlichen Parteien gestärkt und die Weichen für eine weitere Amtszeit von Ministerpräsident Mark Rutte gestellt. Seine rechtsliberale Partei VVD errang am Mittwoch 41 der 150 Parlamentssitze in der Zweiten Kammer in Den Haag. Die sozialdemokratische Arbeiterpartei gewann 39 Mandate. Die europaskeptischen Sozialisten landeten auf dem dritten Rang. Die Freiheitspartei des Rechtspopulisten Geert Wilders büßte fast die Hälfte ihrer Sitze ein. Sie hatte für einen Austritt des Landes aus dem Euro und aus der EU geworben. Für die Bildung einer neuen Regierung werden die Euro-skeptischen Parteien nun nicht benötigt.

Das Wahlergebnis ermöglicht ein europafreundliches Zwei-Parteien-Bündnis zwischen Liberalen und Arbeiterpartei - angesichts der zersplitterten Parteienlandschaft wäre das eine ungewöhnliche Konstellation. Im Parlament sind nun elf Parteien vertreten. Politiker der VVD und der Sozialdemokraten rechnen aber mit mühsamen Verhandlungen über ein Bündnis. Auch eine Koalition mit einem dritten Partner wird nicht ausgeschlossen. Denn in der Ersten Kammer des Parlaments haben die beiden großen Parteien keine Mehrheit.

"Wir haben im Wahlkampf um jedes Haus, um jede Straße, um jede Stadt gekämpft - und ich bin stolz", sagte Rutte in der Wahlnacht. Bereits gestern sondierte er erste Möglichkeiten zur Bildung einer Koalition, wollte sich aber über ein großes sozialliberales Bündnis noch nicht äußern. "Das kann die Gespräche erschweren", sagte er in Den Haag. Rutte hatte am Wahltag bekräftigt, seine Partei sei der Haushaltsdisziplin in der Euro-Zone verpflichtet.

Bei der Festlegung des Kurses der Euro-Länder in der Finanzkrise gilt der alte und voraussichtlich auch neue Regierungschef als einer der engsten Verbündeten von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Rutte lehnt ein drittes Rettungspaket für Griechenland ab. Der Chef der Arbeiterpartei, Diederik Samsom, will Athen dagegen mehr Zeit geben, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) gratulierte Rutte zum Wahlsieg. "Der Wahlausgang ist eine Stärkung Europas und eine Schwächung der Populisten und Re-Nationalisten", erklärte er.

Innenpolitisch wird sich die neue Regierung vor allem mit dem schwachen Wirtschaftswachstum und einer Gesundheitsreform befassen müssen. Hier liegen die Positionen der Rechtsliberalen und der Arbeiterpartei allerdings sehr viel weiter auseinander als in der Europapolitik. "Das wird eine Zwangsheirat ohne viel Segen", schrieb der Soziologe Paul Schnabel in einem Kommentar für die Wirtschaftszeitung "Het Financieele Dagblad".