Straßburg. Beim Aufbau einer schlagkräftigen Bankenaufsicht provoziert EU-Kommissionschef José Manuel Barroso heftigen Streit mit Berlin. Barroso will kriselnde Institute schon zum 1. Januar unter Kuratel der Europäischen Zentralbank (EZB) stellen, damit sie den Rettungsfonds ESM direkt anzapfen können. Außerdem pocht Brüssel darauf, der EZB die Kontrolle über alle gut 6000 Geldhäuser in der Euro-Zone zu geben, von der Deutschen Bank bis zur Kreissparkasse.

Kaum hatte der Kommissionschef vor dem EU-Parlament in Straßburg seinen Vorschlag präsentiert, meldete sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit harscher Kritik. "Europa sollte keine Erwartungen wecken, die es nicht erfüllen kann", erklärte er mit Blick auf den Zeitplan. Und auch den Umfang will er zurechtstutzen: "Nicht systemrelevante Banken sollten grundsätzlich weiterhin von den nationalen Aufsichtsbehörden beaufsichtigt werden." Damit stellt sich Schäuble schützend vor die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die ihr Geschäftsmodell durch eine verschärfte Kontrolle bedroht sehen.

Rückendeckung für Barroso kommt hingegen von den Privatbanken: "Die vorgelegten Pläne der Kommission sind ein weiterer großer Schritt auf dem Weg zu einem starken Finanzplatz", erklärte Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken. Der Absturz der spanischen Sparkassen etwa habe gezeigt, dass die Krise nicht nur bei internationalen Großbanken beheimatet sei, sagte Kemmer.

Ungeachtet der Berliner Mahnungen forderte Barroso die Mitgliedstaaten auf, seinen Vorschlag schon in den kommenden Monaten zu verabschieden. "Wir sollten es zur obersten Priorität machen, die europäische Aufsicht bis zum Beginn des kommenden Jahres einzurichten."