Kein diplomatische Lösung in Sicht; der neue Uno-Sondergesandte Brahimi hält Erfüllung seines Auftrages für fast unmöglich

Hamburg. Zu den Aufgaben von Diplomaten zählt es üblicherweise, angesichts einer zu lösenden Krise Optimismus zu verbreiten. Wenn ausgerechnet ein Diplomat Pessimismus verbreitet, wie jetzt der neue Syrien-Sondergesandte der Uno, Lakhdar Brahimi, dann muss die Lage furchtbar sein.

Brahimi, der seinen Posten von dem desillusioniert zurückgetretenen früheren Uno-Generalsekretär Kofi Annan übernommen hat, sagte dem Londoner Sender BBC, sein Auftrag sei praktisch aussichtslos. Zwar übernehme er den Sechs-Punkte-Plan Kofi Annans in sein Instrumentarium, doch er selber habe noch keinen Plan. "Ich weiß, wie schwierig es wird und wie nahezu unmöglich", sagte Brahimi.

Der Monat August, in dem Annan sein Amt niederlegte und Brahimi antrat, war der bislang blutigste im Laufe des 17-monatigen Aufstandes gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad. Das bestätigte auch Unicef-Sprecher Patrick McCormick im US-Sender CNN. Immer wieder fallen der Gewalt auch Kinder zum Opfer. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen 5440 Menschen ums Leben, darunter 4114 Zivilisten. Insgesamt hat der blutige Konflikt zwischen Regime und Rebellen nach Ermittlung der Organisation bislang mehr als 26 000 Menschen das Leben gekostet. Annan hatte dem Uno-Sicherheitsrat mangelnde Unterstützung bei seiner Mission vorgeworfen. Sein Nachfolger Brahimi sagte: "Es gibt schon Leute, die sagen: Da sterben Menschen - und was tut ihr dagegen?" Viel sei es eben nicht.

Der 1934 geborene Algerier Brahimi hat als Diplomat, Repräsentant und Politiker Erfahrungen mit etlichen Krisenherden der Welt gesammelt. Im Jahr 2000 veröffentlichte er den "Brahimi-Bericht", in dem er ungewohnt offen die Ursachen für das Scheitern vieler Uno-Friedensmissionen aufzeigte. Der neue Sondergesandte gab zu, dass ihm die Verantwortung, die jetzt auf seinen Schultern laste, "Angst macht".

Bei einem Luftangriff auf die Ortschaft Al-Bab in der nordsyrischen Provinz Aleppo kamen gestern mindestens 18 Menschen ums Leben, darunter auch Kinder. Die starke Zunahme der zivilen Opfer in diesem Krieg rührt vor allem daher, dass die Luftwaffe des Assad-Regimes auch Wohngebiete ins Visier nimmt, in denen sie Rebellen vermutet.

In diesem Zusammenhang hat China sich gegen den Vorschlag einer Einrichtung von internationalen Schutzzonen ausgesprochen. Derartige Zonen böten Zivilisten kaum Schutz, das zeigten die Erfahrungen der Uno, hieß es in der KP-Parteizeitung "Renmin Ribao".

Je länger sich der Konflikt hinzieht, desto größer schätzen Experten die Gefahr ein, dass der bedrängte Despot Assad am Ende auch Chemiewaffen gegen die Rebellen - oder im Falle einer möglichen Invasion gegen ausländische Truppen - einsetzen könnte. Das Chemiewaffenarsenal Syriens zählt zu den größten der Welt. Es soll unter anderem Senfgas wie auch moderne Nervengase umfassen, die mit Flugzeugen und Scud-Raketen eingesetzt werden könnten. Frankreich hat die syrische Regierung gestern noch einmal ausdrücklich davor gewarnt, derartige Waffen einzusetzen. Dann müsste Damaskus mit einer "massiven und scharfen" Reaktion der Westmächte rechnen, sagte Außenminister Laurent Fabius im Sender RMC. "Darüber reden wir im Besonderen mit unseren amerikanischen und britischen Partnern". Russland und China verträten die gleiche Position. US-Präsident Barack Obama hatte den Einsatz von Chemiewaffen durch das syrische Militär als Überschreitung einer "roten Linie" beschrieben.