Hamburg. WikiLeaks-Gründer Julian Assange erhält indirekte Rückendeckung aus Südamerika: Im Streit zwischen Großbritannien und Ecuador um die Ausreise des gebürtigen Australiers hat die Union Südamerikanischer Nationen (Unasur) Großbritanniens Drohung, die ecuadorianische Botschaft in London zu stürmen, verurteilt. In einer Abschlusserklärung bei einem Gipfeltreffen im ecuadorianischen Guayaquil unterstützten die Außenminister der Organisation - wenn auch nicht einstimmig - die Entscheidung Ecuadors, Assange diplomatisches Asyl zu gewähren.

Zuvor hatte Ecuadors Außenminister Ricardo Patiño London eine koloniale Herrschaftsgeste vorgeworfen: "Die Zeiten des Kolonialismus sind vorbei", erklärte Patiño vor seinen Kollegen der Region. Bereits am Sonnabend hatten die ALBA-Länder, ein linkes Staatenbündnis unter der Federführung Venezuelas und Kubas, Ecuador ihre Rückendeckung zugesichert.

Assange wagte sich am Sonntag mit einem Appell an US-Präsident Barack Obama erstmals seit seiner Flucht in die ecuadorianische Botschaft in London vor zwei Monaten wieder aus seinem Versteck. Er rief die USA auf, "ihre Hexenjagd" gegen seine Organisation zu beenden. Angesichts der britischen Drohung, ihn beim Verlassen der Botschaft zu verhaften, wandte sich Assange jedoch lediglich von einem Balkon aus an rund 200 Anhänger und Journalisten. Dutzende britische Polizisten beobachteten den Auftritt.

"Ich bitte Präsident Obama, das Richtige zu tun. Die Vereinigten Staaten müssen ihre Hexenjagd gegen WikiLeaks einstellen", las Assange seine schriftliche Erklärung vor. "Die USA müssen zusichern, dass sie unsere Mitarbeiter oder unsere Unterstützer nicht zu verfolgen versuchen." Die USA lehnten am Sonntag einen Kommentar zu der Rede Assanges ab. Zu den Vorwürfen sexueller Übergriffe, weswegen er nach Schweden überstellt werden soll, äußerte Assange sich nicht. Assange zog 2010 den Zorn der US-Regierung auf sich, als seine Enthüllungsplattform Hunderttausende geheime Dokumente über den Krieg im Irak und in Afghanistan veröffentlichte.

Britischen Medienberichten zufolge soll Assange im Streit über seine Auslieferung kompromissbereit sein. Demnach sei er bereit, die ecuadorianische Botschaft zu verlassen, wenn Schweden garantiere, dass er von dort aus nicht weiter in die USA abgeschoben werde.

Die Unterstützung durch die Nachbarländer ist ein politischer Erfolg für Ecuadors Regierungschef Rafael Correa, der für seine USA- und Großbritannien-Kritik bekannt ist. Selten lässt er eine Möglichkeit aus, die Konflikte um die Falkland-Inseln oder Kuba auf die Tagesordnung zu heben.

Assange indes dürfte auf Correas Hilfe lieber früher als später verzichten wollen, um einem Schicksal wie dem von Alexander Barankov zu entgehen. Dem ehemaligen weißrussischen Polizisten, der aus dem ecuadorianischen Exil über die Machenschaften des Lukaschenko-Regimes schrieb, droht derzeit die Abschiebung nach Weißrussland. Obwohl ihm zuvor offiziell politisches Asyl gewährt worden war, verhaftete ihn die ecuadorianische Polizei Mitte Juni plötzlich. Das war nur wenige Tage vor dem Staatsbesuch von Correas neuestem Bündnispartner Alexander Lukaschenko.