Madrid. In Spanien wächst die Sorge, ob die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone ihren wachsenden Kapitalbedarf aus eigener Kraft decken kann. Aus amtlichen Zahlen und Schätzungen von Experten ergibt sich, dass das Land bis Jahresende rund 50 Milliarden Euro am Markt aufnehmen muss - erheblich mehr, als Regierungsvertreter noch vor Kurzem erwartet hatten. Zu den knapp 30 Milliarden Euro, die für das zweite Halbjahr ohnehin eingeplant waren, kommen erhebliche Beträge hinzu. Rund zehn Milliarden Euro werden demnach mit Beginn des kommenden Jahres benötigt, um das Haushaltsdefizit - wie gegenüber der Europäischen Union zugesagt - zu verkleinern. Weitere zwölf Milliarden Euro fallen an, um die klammen Regionen zahlungsfähig zu halten.

Noch vor wenigen Monaten hatten sich spanische Regierungsvertreter gebrüstet, das zweite Halbjahr werde für die Kapitalaufnahme am Markt weniger schwierig. Vom erwarteten Finanzierungsbedarf für das Gesamtjahr von 89 Milliarden Euro seien 59 Milliarden Euro schon in den ersten sechs Monaten gedeckt worden. Inzwischen ist davon nicht mehr die Rede. Mehr noch: Für Spanien wird es immer teurer, am Markt Kapital zu besorgen. Die Rendite für zehnjährige Staatstitel ist zuletzt auf über siebeneinhalb Prozent gestiegen, weit oberhalb der Marke von sieben Prozent, die als kritisch gilt. Jedenfalls wird es immer schwieriger, am Markt noch in ausreichendem Maße ausländische Käufer für Staatsanleihen zu finden.

Der nächste Test steht vor der Tür: Am 30. Juli muss Spanien Anleihen im Umfang von 12,87 Milliarden Euro zurückzahlen, wofür es auf die Staatskasse oder kurzfristige Geldmarktpapiere zurückgreifen kann. Ende Oktober werden dann binnen zwei Tagen 20,27 Milliarden Euro fällig. Spanien hat derzeit einen Puffer von 28,9 Milliarden Euro auf der Seite. Der Bestand ist jedoch zuletzt stark abgeschmolzen: Im April waren es noch 44 Milliarden Euro, im Mai 40,3 Milliarden Euro.