Mexiko wählt seinen Regierungschef. Keinem der Favoriten wird ein grundlegender Wandel zugetraut

Mexiko-Stadt. In ihren 71 langen Jahren an der Macht ist die mexikanische Partei PRI so sehr mit der Korruption gleichgesetzt worden, dass sie zur Jahrtausendwende abgewählt wurde. Eine linke Studentenbewegung warnte nun, die Wahl des PRI-Kandidaten Enrique Peña Nieto bedeute die Rückkehr der Vergangenheit. Doch Nieto ist charismatisch - und seine Partei der Institutionalisierten Revolution steht am Sonntag vor der Wiedereroberung des Präsidentenamtes. Nieto profitiert vom Frust der Menschen über den amtierenden Präsidenten Felipe Calderón, der mit seinem "Krieg gegen die Drogenmafia" scheiterte.

Zudem haben es die Parteioberen der PRI verstanden, den 45-jährigen Juristen als neues Gesicht der alten PRI zu verkaufen. Nieto überzeugte vor allem viele junge Wähler, die keine Erinnerung an die Vergangenheit haben.

Nieto verweist lieber auf seine eigene Vergangenheit. Im Wahlkampf führt er seine Bilanz als Gouverneur des Estado de México an, des bevölkerungsreichsten Staates vor den Toren der Hauptstadt. 608 Versprechen will er dort in seiner sechsjährigen Regierung bis 2011 umgesetzt haben: neue Krankenhäuser, Schulen, Straßen. Einer näheren Betrachtung hält Nietos vermeintliche Erfolgsbilanz nicht stand: Laut der britischen Zeitung "The Economist" stieg die Mordrate um 40 Prozent. Andere Publikationen weisen eine wachsende Korruption in seiner Regierung nach. Proteste von Studenten im Jahr 2006 ließ er brutal niederschlagen.

Auf den ersten Blick glaubwürdiger wirkt der in Umfragen Zweitplatzierte, Andrés Manuel López Obrador, Kandidat eines Bündnisses linker Parteien. Gerade bei der indigenen Bevölkerung genießt der 58-Jährige große Unterstützung, die sich von den Demoskopen in der Hauptstadt kaum erfassen lässt. López Obrador verspricht "Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit". Doch ob der Linke den versprochenen Wandel einleiten kann, bezweifeln selbst einige seiner Parteigänger. Ähnlich wie in der PRI herrscht auch in den linken Parteien Korruption. Während López Obradors früherer Amtszeit als Regierungschef von Mexiko-Stadt (2000 bis 2005) war einer seiner Top-Funktionäre in einen schweren Bestechungsfall verwickelt.

Doch wer auch immer gewinnt, zum autoritären Regierungsstil vergangener Zeiten wird Mexiko nicht zurückkehren, sind sich die Experten einig. Es gibt eine aktive Zivilgesellschaft, die ihren Unmut über den korrupten Politikbetrieb auf die Straße trägt. Dazu gehören Studenten, die seit Wochen gegen Nieto protestieren, sowie eine neue Klasse von mittelständischen Unternehmern, die immer lauter eine Modernisierung des Landes verlangt.