Bund der Vertriebenen lobt Ex-Präsidenten als großen Europäer

Prag. Der Sarg stand aufgebahrt in der St.-Anna-Kirche. Daneben ein großes Porträtfoto, "bewacht" von Soldaten der Prager Burggarde. Hunderte Tschechen standen Schlange, um mit Tränen in den Augen Abschied zu nehmen von dem Mann, der ihnen die Freiheit verkündet und sie dann gebracht hatte: Vaclav Havel. Die Schlüsselfigur der demokratischen Wende von 1989 war am Sonntag nach langer Krankheit im Alter von 75 Jahren gestorben. Zu Ehren des Dramatikers und früheren Präsidenten wehten am Präsidentenpalast, am Nationaltheater und an vielen anderen Orten des Landes schwarze Flaggen. Tschechiens Präsident Vaclav Klaus, Parlamentspräsidentin Miroslava Nemcova und der Prager Erzbischof Dominik Duka waren die Ersten, die sich in das Kondolenzbuch in der Prager Burg eintrugen.

In Deutschland hat der Bund der Vertriebenen Havel als "großen Europäer, einen Demokraten und Humanisten" gewürdigt. Havel habe "mit seiner ganzen Person für seine moralischen Überzeugungen" gestanden, sagte Verbandspräsidentin Erika Steinbach. Havel habe früh die Aussöhnung mit den Sudetendeutschen gesucht und sich für die Vertreibungen der Nachkriegszeit entschuldigt. Deutsche und Tschechen sollten weiter gemeinsam daran arbeiten, dass Havels Worte aus dem Jahre 1989 Realität würden: "Die Wahrheit und die Liebe siegen über die Lüge und den Hass."

Der oberste Repräsentant der Sudetendeutschen, Bernd Posselt, sagte, allein durch die Kraft des Wortes und der Geste sei Havel über seine Staatsämter hinaus "zum ungekrönten König einer freien europäischen Bürgergesellschaft ohne Barrieren geworden, in der auch Tschechen und Sudetendeutsche ihr gemeinsames Zuhause haben". Havels Widerstand gegen den Kommunismus habe grenzüberschreitend eine Menschenrechtsbewegung beflügelt. Havel habe einen maßgeblichen Beitrag dazu geleistet, dass die Völker im Herzen Europas schrittweise wieder zusammenfinden, sagte Posselt.