Hamburg. Cyrus Farivar sitzt in einem Hamburger Hotel und lacht laut auf. Schon jetzt könnte es jemanden geben, der mit einem Koffer in den Iran marschiert, der die Bauteile für einen nicht kontrollierbaren Internetzugang enthält, sagt der iranisch-amerikanische Journalist. Eine "Internet in a suitcase"-Technologie aus den USA soll die Zensur totalitärer Staaten überwinden. "Aber wissen Sie, was passiert, wenn der Iran jemanden mit so einem Koffer erwischt?", fragt er mit hochgezogenen Augenbrauen.

Der Kalifornier hat in den Hamburger Transatlantic Talks gerade sein erstes Buch vorgestellt: The Internet of Elsewhere - The Emergent Effects of a Wired World. Darin schildert er vier Länder und ihren Umgang mit dem weltweiten Netz: Estland, Südkorea, Senegal und den Iran. Nur eines war in der jüngsten Zeit nah dran an einer Revolution: Im Sommer 2009 protestieren Tausende Iraner gegen die Gewaltherrschaft von Präsident Ahmadinedschad. Die Bilder gehen trotz rigoroser Medienkontrolle um die Welt. Der Protest scheint dank Facebook und Twitter für einen Moment unaufhaltsam. Doch was später in Tunesien, schließlich auch in Ägypten und in Libyen gelingt, scheitert im Iran. Der Diktator regiert weiter.

Warum? Der Grad des Aufbegehrens hänge immer auch mit der Gewaltbereitschaft des Regimes zusammen, meint Buchautor Farivar. Der Iran war das erste Land der Welt, das einen Blogger festnahm. Zudem sei das Regime clever genug, soziale Netzwerke für seine eigenen Zwecke zu nutzen: Iraner, die 2009 in ihr Land einreisen wollten, mussten sich in ihren Facebook-Account einloggen und so offenbaren, mit wem sie befreundet sind. Bilder von Demonstranten stellte die Regierung mit dem Aufruf online, dass die Bevölkerung bei ihrer Identifizierung helfen solle. Der Präsident verbreitet seine anti-westliche Propaganda mehrmals täglich über einen eigenen Blog und Twitter-Account.

"Das Internet kann nützlich für eine Demokratisierung sein, aber es muss es nicht", sagt Farivar. Im Falle der gescheiterten Grünen Revolution habe sich gezeigt, dass die Demonstranten soziale Netzwerke weniger als gedacht nutzten, um sich zu organisieren. Denn, sagt Farivar, das Internet sei im Iran vor allem Werkzeug der Unterdrücker.