Brüssel. Rund eineinhalb Jahre nach den Parlamentswahlen im Juni 2010 hat Belgien wieder eine demokratisch legitimierte Regierung. Gestern leisteten der neue sozialistische Premier Elio Di Rupo und sein zwölfköpfiges Kabinett in Brüssel den Regierungseid vor König Albert II. Damit geht eine 541 Tage währende Lähmung des Landes zu Ende, in der Belgien ohne gewählte Regierung war. Die Probleme bei der Kabinettsbildung waren den Spannungen zwischen den beiden Sprachgemeinschaften geschuldet.

Die meisten der neuen Minister waren auch Mitglieder der geschäftsführenden Regierung unter dem früheren Premierminister Yves Leterme. So wird der amtierende liberale Finanzminister Didier Reynders Außenminister, der flämische Christdemokrat Steven Vanackere wird Finanzminister. Die derzeitige Arbeitsministerin Joëlle Milquet von den französischsprachigen Christdemokraten wird Innenministerin. Hinzu kommen sechs Staatssekretäre, von denen zwei bereits in der geschäftsführenden Regierung Leterme vertreten waren. Am Kabinettstisch sitzen künftig Sozialisten, Liberale und Christdemokraten. Jede Gruppierung hat jeweils eine französisch- und eine flämischsprachige Partei. Die Machtverteilung zwischen diesen Gruppen ist im vom Sprachenstreit zerrissenen Belgien politisch heikel. Die Hälfte der Ministerposten geht an Vertreter des französischsprachigen Südens, die andere Hälfte an Repräsentanten der Niederländisch sprechenden Flamen.

Das hoch verschuldete Belgien steht stark unter Beobachtung und unter dem Druck, versprochene Strukturreformen durchzusetzen und seine Neuverschuldung 2012 unter drei Prozent zu senken. Sollte Belgien nicht liefern, drohen dem Land Sanktionen von der EU. Dass Di Rupo keinen einfachen Weg vor sich hat, ist klar - nicht zuletzt seit in Brüssel Zehntausende gegen die Sparpläne der Regierung auf die Straße gegangen sind.